Geologie: Felsrutsch ließ Gestein verdampfen
Das »Große Erdbeben von Wenchuan (Sichuan)« am 12. Mai 2008 forderte mindestens 70 000 Menschenleben und verursachte Schäden in Milliardenhöhe. Mit einer Stärke von 8,2 gehört es zu den heftigsten der letzten Jahrzehnte – und es sorgte dafür, dass im Gebirge der Region zahlreiche Erd- und Felsrutsche abgingen. Ein Ereignis am Berg Daguangbao stach dabei besonders hervor, wie Runqiu Huang von der Universität Chengdu und sein Team in »Earth and Planetary Science Letters« schreiben. Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler Gesteinsproben des Felssturzes, der ungefähr einen Kubikkilometer Volumen aufwies, und verglichen diese Daten mit Laborexperimenten an Mineralen.
Beim Abrutschen des Gesteins muss so starke Reibung entstanden sein, dass die Temperaturen im Kontaktbereich mindestens 850 Grad Celsius erreicht haben. Dadurch »verbrannte« wohl ein Teil des Dolomits – eine Art Kalkgestein –, aus dem der Berg besteht. Durch eine chemische Reaktion bei diesen hohen Temperaturen wurde heißes Kohlendioxid sowie Wasserdampf unter hohem Druck freigesetzt. Der Prozess ähnelt dem Kalkbrennen in Zementwerken. Und das wiederum trieb den Felssturz an und ließ ihn wie auf einem Luft-Wasser-Kissen gleiten, so dass die Masse vier Kilometer weit ins Tal rauschen konnte. Zugleich schmolz ein Teil der Minerale und kristallisierte danach in veränderter Form neu aus. Dieser Verdampfungsprozess könne erklären, warum manche Felsstürze größere Strecken zurücklegen, als man erwarten würde, so die Forscher.
Der Artikel wurde korrigiert: Während des Felsrutsches fand eine chemische Reaktion statt, die Gase freisetzte – die Reibungshitze sorgte nicht direkt für ein Verdampfen.
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