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Felssturz bei Brienz: Schweizer Dorf muss erneut evakuiert werden

Die Siedlung Brienz in den Schweizer Alpen muss erneut mit einer Katastrophe rechnen: Riesige Gesteinsmassen bewegen sich auf der Schutthalde oberhalb des Dorfs.
Ein gelbes Warnschild warnt davor, das dahinter liegende Gebiet zu betreten, weil ein Bergsturz droht. Verschwommen sieht man im Hintergrund den grauen Fels und eine Felsschutthalde. Beides ist umgeben von grünen Wiesen und Hängen.
Wochenlang durften die Menschen von Brienz ab dem Mai 2023 ihr Dorf nicht mehr betreten, bis sich der Berg bewegt hatte.

Im Mai 2023 mussten die rund 80 Bewohner von Brienz im Schweizer Kanton Graubünden ihr Zuhause verlassen, weil ein riesiger Bergsturz ihr Dorf zu treffen drohte. Nachdem dieser in der Nacht zum 16. Juni 2023 abgegangen war, konnten die Menschen zurückkehren – in der Hoffnung, dass sich die Situation am Hang beruhigen würde. Doch die Ansiedlung muss sich auf eine erneute Evakuierung vorbereiten, wie Schweizer Behörden warnen: Über eine Million Kubikmeter Felsschutt könnten sich in den nächsten Wochen Richtung Tal verschieben und gefährden das Dorf ein weiteres Mal.

Geologische Messungen des Schweizer Frühwarndienstes Albula/Alvra zeigen, dass sich der oberste Teil der Schutthalde seit der zweiten Septemberhälfte 2024 mit zeitweise mehr als 30 Zentimetern pro Tag bewegt. Ein Schuttstrom aus der Halde kann daher nicht ausgeschlossen werden, etwa durch weitere Niederschläge in der Region nach einem nassen letzten Jahr, durch einen Felssturz von oben auf die vorhandene Schutthalde oder wenn sich das Material weiter beschleunigen sollte. Eine Beruhigung der Lage schließen die Behörden allerdings ebenfalls nicht gänzlich aus.

Der Gemeindeführungsstab hat deshalb die »Phase Gelb« beschlossen und bereitet eine vorsorgliche Evakuierung vor. Deren Zeitpunkt war am Morgen des 9. Novembers noch nicht festgelegt. Anders als bei der so genannten »Insel« im Sommer 2023 könnten keine längeren Vorwarnzeiten erwartet werden, teilte die Gemeinde weiter mit. Damals war die Situation am Berg besser vorhersagbar.

Der instabile Hang des Piz Linard ist Teil einer ungefähr drei Quadratkilometer großen Erdrutschstruktur. Die Gleitbewegung setzte womöglich bereits am Ende der letzten Eiszeit ein, als die Gletscher in den Alpen abschmolzen und damit das stabilisierende Widerlager des Eises verschwand. Die Geschwindigkeit der Rutschbewegung hatte sich aber in den vergangenen Jahren erhöht. Waren es zuvor wenige Zentimeter pro Jahr, konnten Experten 2011 rund 20 Zentimeter messen. 2020 hatte sich dies auf 1,2 Meter pro Jahr beschleunigt. Zusätzlich setzte sich ab 2018 das Geröll oberhalb des Dorfs mit etwa vier Metern pro Jahr rasanter ab.

Durch den Klimawandel und die verstärkte Erwärmung des Gebirges bis in hohe Lagen erwarten Geologen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten vermehrt Fels- und Bergstürze, weil das Eis schwindet, das den Fels mitunter zusammenhält. Vermehrte Wechsel zwischen Frost und Auftauen verwittern die Berge außerdem schneller und erhöhen das Risiko weiter.

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