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News: Ferkel als Vorfahr

Ohren wie ein Esel, die Nase wie ein Ameisenbär, die Rüsselscheibe wie ein Schwein, den Buckel wie ein Kamel - Erdferkel sind schon absonderliche Tiere. Doch die in Afrika beheimateten Tiere könnten dem Stammvater aller placentalen Säugetiere ähneln - wenn auch nicht unbedingt äußerlich, so doch im Bau ihrer Chromosomen.
Erdferkel
Was haben Elefanten, Seekühe und Goldmulle miteinander gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht viel – außer, dass sie ursprünglich Afrikaner sind. Und dennoch fassen einige Systematiker diese äußerlich sehr unterschiedlichen Säugetiere zu einer Gruppe zusammen: den Afrotheria. Denn molekularbiologische Analysen hatten eine enge Verwandtschaft der Tiere nahe gelegt und sie an die Basis des Stammbaums der Echten Säuger oder Placentalia gesetzt. Doch andere Wissenschaftler bezweifeln, dass die Afrotheria wirklich eine natürliche Verwandtschaftsgruppe darstellen.

Zu dieser Gruppe werden auch die Röhrenzähner oder Tubulidentata gezählt, von denen heute nur noch eine Art existiert: das Erdferkel oder Orycteropus afer. Und dieses Insekten vertilgende Tier – genauer gesagt: seine Chromosomen – haben die Arbeitsgruppen von Malcolm Ferguson-Smith von der englischen University of Cambridge und Terence Robinson von der südafrikanischen University of Stellenbosch jetzt genauer unter Lupe genommen. Zusammen mit anderen Forschern verglichen sie den Chromosomenaufbau des Erdferkels mit dem vom Afrikanischen Elefanten (Loxodonta africana) und dem vom Asiatischen Elefanten (Elephas maximus) – beide werden ebenfalls zu den Afrotheria gestellt – sowie von einer weiteren Art, die sicherlich nicht hierzu gehört: dem Menschen.

Die Zahl der Chromosomem dieser vier Arten unterscheidet sich zunächst: Der Mensch hat insgesamt 46, das Erdferkel 20 und die beiden Elefantenarten jeweils 56. Doch durch bestimmte Anfärbemethoden offenbaren die Erbgutträger spezifische Bandenmuster, die sich miteinander vergleichen lassen. Und dabei ergaben sich durchaus Ähnlichkeiten, welche die Gruppe der Afrotheria bestätigten.

Und die Wissenschaftler konnten sogar einen Urchromosomensatz rekonstruieren. Ihrer Ansicht nach besaß der Stammvater der Placentatiere vermutlich 44 Chromosomen. Im Laufe der Evolution wurden dann einzelne Chromosomenstücke neu kombiniert und miteinander vermischt, sodass schließlich die unterschiedlichen Sätze heutiger Arten entstanden. Die geringste Durchmischung bei diesem Kartenspiel fand beim Erdferkel statt, der Ahnherr spiegelt sich hier noch am deutlichsten wider.

Wie dieser Ahnherr nun wirklich aussah, bleibt dabei natürlich verborgen. Vorstellbar wäre jedoch, dass irgendwann in der späten Kreidezeit aus einem kleinen, Insekten fressenden, afrikanischem Wesen die Vielfalt der heutigen Säugetiere entstand.

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