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Tomografie: Fernerkundung

Ohne dem Patienten auch nur ein Haar zu krümmen, bilden Kernspintomografen das Innenleben unserer Körper ab. Doch nicht nur die bedrückende Enge in einem solchen Gerät könnte schon bald der Vergangenheit angehören, auch die Bildqualität könnte sich entscheidend verbessern.
Kiwis im Kernspintomografen
Als Wilhelm Conrad Röntgen Ende des 19. Jahrhunderts die nach ihm benannte Strahlung entdeckte, waren ihm die Gefahren leider nicht bewusst – vielen Nachahmern ebenso wenig. Und so fand man schnell Gefallen am Durchleuchten: Es soll seinerzeit sogar die ein oder andere Partygesellschaft erheitert haben. Neben den inzwischen gezähmten Röntgengeräten kam seit Anfang der 1980er Jahre noch eine weitere Technik hinzu, um ins Körperinnere zu schauen: der Kernspintomograf.

Statt der schädlichen ionisierenden Strahlen helfen hierbei starke Magnetfelder und Radiowellen nicht nur Knochen, sondern auch Weichteile ausgezeichnet abzubilden. Das Prinzip beruht auf einer physikalischen Eigenschaft des Wasserstoffkerns – seinem Spin. Mit diesem ist ein magnetisches Moment verknüpft, das sich ähnlich einer Kompassnadel in einem äußeren Magnetfeld ausrichtet. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder zeigt der Spin parallel oder antiparallel zur Feldrichtung.

Kiwis | Die ersten Versuche mit der neuen Technik bilden eine Reihe von Kiwis ab. Die Antenne war hierbei 65 Zentimeter entfernt.
Je nach Position hat das Proton, also der Wasserstoffkern, eine unterschiedliche Energie. Die Differenz hängt dabei von der Stärke des angelegten Magnetfelds ab. Wird er nun mit elektromagnetischen Wellen bestrahlt, die exakt seiner Resonanzfrequenz – proportional zu eben genau jener Energiedifferenz – entsprechen, so gerät der fein ausgerichtete Spin ins Wanken. Erst wenn das Störsignal verschwindet, kehrt wieder Ordnung ein. Dabei fallen die angeregten Kerne in ihren Grundzustand zurück und geben die frei werdende Energie in Form von Radiowellen ab.

Das emittierte Signal unterscheidet sich nun in den verschiedenen Gewebstypen, da die Konzentration an Wasserstoffkernen darin variiert. Aber auch die Dauer bestimmter Prozesse spielt eine entscheidende Rolle – etwa wie viel Zeit von der Anregung der Protonen bis zu ihrer Rückkehr in den Ausgangszustand vergeht. Die aus den abgetasteten Schichten gewonnenen Daten lassen sich dann mit Hilfe eines Computers zu den bekannten Schnittbildern zusammenfügen – auf denen sich je nach Kontrast beispielsweise Fett, Knochenmark, Organe und gegebenenfalls auch Tumore erkennen lassen.

Das statische Magnetfeld in einem Kernspintomografen ist mehr als 10 000 -mal stärker als das der Erde und wird durch ein konzentrisch angeordnetes Spulensystem erzeugt. Eine weitere Spule, die Hochfrequenzspule, liegt weiter innen – in direkter Nähe zum Patienten. Sie regt die Kernresonanz an und dient gleichzeitig als Antenne für das Resonanzsignal. Zusammen bilden die beiden die schmale und für viele Angst einflößende "Röhre". Bisher leider eine Notwendigkeit, denn lägen Probe, also Patient, und Detektor nicht so dicht beieinander, wären wegen des kurzreichweitigen Signals keine hoch aufgelösten Aufnahmen möglich.

Ein neuer Ansatz könnte die Prozedur nun allerdings komfortabler gestalten. Wie Wissenschaftler um Klaas Prüssmann von der ETH Zürich zeigen, kann die Kernspinresonanz auch über eine größere Distanz angeregt und nachgewiesen werden. Dafür ersetzten sie die innere Spule durch einen Wellenleiter, der die von einer außerhalb der Röhre angebrachten Antenne ausgesendeten und zu empfangenen Radiowellen hin- beziehungsweise herbefördert.

Versuchskaninchen | Diese Aufnahme eines menschlichen Kopfes wurde mit der neuen MRT-Geometrie gemacht. Die Antenne war 90 Zentimeter entfernt. Die nicht ganz optimale Auflösung liegt daran, dass in diesem frühen Stadium der Technik Sicherheit erst einmal Vorrang vor maximaler Leistung hat.
In ihrem Testaufbau brachte das Team einen zylindrischen Wellenleiter in Form einer leitfähigen Auskleidung in einen Kernspintomografen ein, positionierte an dessen Ende die Antenne und untersuchte dann verschiedene Proben von Ethanollösung über Kiwis und Flaschen mit Erdöl bis hin zum menschlichen Körper. Durch die ausgelagerten Bauteile entstünde prinzipiell mehr Platz im Tomografen und so könnten beispielsweise noch andere Gerätschaften mitgenommen werden, etwa um bestimmte Gehirnregionen zu stimulieren und zu untersuchen.

Das Wohlbefinden des Patienten ist aber eher ein netter Nebeneffekt. Wichtiger ist, dass der Aufbau auch bei größeren Proben für eine einheitliche Bildwiedergabe sorgt. Denn übersteigt deren Größe die emittierte Radiowellenlänge, führt das meist zu erheblichen Unregelmäßigkeiten in den Aufnahmen. Gerade bei sehr hohen Magnetfeldstärken, die eigentlich für eine höhere Empfindlichkeit und räumliche Auflösung sorgen, war das bisher ein Problem.

Die neue Methode funktioniert dagegen erst bei sehr hohen Feldstärken. Und genau das ist bislang auch noch ein Hindernis auf dem Weg in die Klinik, berichtet Prüssmann. Klinische MRT-Systeme besitzen heute Feldstärken bis zu drei Tesla – das Magnetfeld in ihrem Aufbau war hingegen mehr als doppelt so stark. Obendrein reichen selbst diese enormen Felder gerade aus, um die Wellenpropagation entlang der Röhre aufrecht zu halten und somit das Signal zu übertragen.

Zwar wäre es prinzipiell denkbar, die nötigen Bedingungen durch spezielle Auskleidungen im Tomografen zu ereichen, so die Wissenschaftler. Wahrscheinlicher sei jedoch, dass Feldstärken um sieben Tesla bereits in der nächsten Dekade in Krankenhäusern zum Einsatz kommen. "Die Forschung an solchen Systemen ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen und einige präklinische Studien zeigen sehr viel versprechende Resultate", berichtet Prüssmann.

Sobald diese Hochfeldmagnete in die Klinik kommen, wäre der Einbau ihrer Technologie ein vergleichsweise kleiner Kostenfaktor, so die Forscher. Und das unterscheidet sie nicht zuletzt von anderen Ansätzen mit demselben Ziel, denn die waren bislang meist komplexer und vor allem teurer.
  • Quellen
Brunner, D. O. et al.: Travelling-wave nuclear magnetic resonance. In: Nature 457, S. 994–998, 2009.

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