Früher Kunstsinn: Fertigten Neandertaler bereits Höhlenmalereien an?
Bislang galt der anatomisch moderne Mensch als Urheber sämtlicher Höhlenmalereien in Europa. Doch womöglich haben bereits Neandertaler die Wände einer spanischen Höhle bemalt – mit den Abbildungen von Seehunden, die zum Jagdwild der Küstenbewohner zählten.
Zu diesen Überlegungen kommt laut spanischen Presseberichten ein Team um José Luis Sanchidrián von der Universidad de Córdoba anhand von Untersuchungen an Malereien in der Nerja-Höhle im Süden Spaniens. Die Wissenschaftler haben Kohle aus dem direkten Umfeld der Malereien mit Hilfe der C-14-Methode auf ein Alter von mindestens 42 000 Jahren datiert. Damit könnten sie in der Tat aus einer Zeit stammen, als der anatomisch moderne Homo sapiens noch nicht in die südspanische Mittelmeerregion eingewandert war.
Unklar ist allerdings, ob die Kohle tatsächlich von den Malern an Ort und Stelle hinterlassen wurde. Erst im kommenden Jahr wollen die Forscher Materialproben aus den Malereien selbst datieren. Die Gemälde sind auf einem Stalagtiten angebracht und im Lauf der Jahrtausende von einem dünnen Kalkfilm überzogen, der sich datieren lassen müsste. Sollte sich dabei das Alter bestätigen, würde jedoch immer noch nicht als gesichert gelten, dass tatsächlich Neandertaler die ockerfarbenen Gemälde anfertigten. Denn neueren Forschungen zufolge könnte Homo sapiens bereits deutlich früher in den Mittelmeerraum vorgedrungen sein.
Immerhin passt die Hypothese der Forscher um Sanchidrián zu einem neuen Bild des Neandertalers, dem zufolge unser naher Verwandter durchaus künstlerisch tätig wurde, wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß als der moderne Mensch. Ebenfalls in Spanien waren Wissenschaftler zuletzt auf die Überreste von Farbtöpfen gestoßen, in denen Neandertaler offensichtlich Ockerpasten angerührt hatten – vermutlich um sich selbst oder Gegenstände damit zu verzieren.
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