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Zellbiologie: Fettiges Pflaster

Ein Loch in der schützenden Hülle bedeutet für eine Zelle fast sicher den Tod. Darum hat sie einen Erste-Hilfe-Kasten zur Hand, mit dem sie durch Bakterientoxine verursachte Löcher verschließen kann.
Überlebensmechanimus gegen Bakterientoxine
Staphylococcus aureus kann nicht anders: Will das Bakterium leben, muss es eine Wirtszelle finden und sie knacken. Hat der Winzling, der lebensbedrohliche Krankheiten wie Lungenentzündung und Sepsis verursacht, ein geeignetes Opfer ausfindig gemacht, malträtiert er es mit speziellen Toxinen, die Löcher in die angegriffene Zellen bohren. Das Schicksal des Opfers ist damit in der Regel besiegelt: Ist die Zelle erst einmal durchlöchert, hat sie nur noch eine geringe Überlebenschance. Umgekehrt ist das Überleben des Angreifers fürs Erste gesichert. Im Übrigen verfahren auch zahlreiche andere pathogene Bakterien nach dem gleichen Prinzip.

Doch ganz so wehrlos, wie es zunächst erscheinen mag, sind die Opfer nicht: Wie das Team um Gisou van der Goot von der Polytechnischen Universität in Lausanne nun herausfand, verfügen über einen Mechanismus, mit dem sie die von angreifenden Bakterien gebohrten Löcher wieder verstopfen können.

Die Forscher untersuchten die Überlebensmechanismen, mit denen sich Zellen vor den Bakterientoxinen zu retten versuchen. Dazu behandelten die Wissenschaftler Zellkulturen mit dem bakteriellen Toxin Aerolysin. Dieses Molekül dringt in die Zellmembran ein und bildet in ihr eine Pore, durch die kleine Ionen in die Zelle hinein und auch aus ihr heraus strömen können.

Die Wissenschaftler beobachteten nun, dass die mit Hilfe von Aerolysin perforierten Zellen durch die dabei entstandenen Poren Kalium verloren. Diesen Verlust registrierten die Zellen als Alarmzeichen und bildeten daraufhin flugs Komplexe aus mehreren Proteinen, so genannte Inflammasome. Diese werden stets auf verschiedene Alarmsignale hin produziert und aktivieren ein weiteres Enzym, die Caspase-1, die ihrerseits normalerweise über die Produktion von Interleukinen eine Entzündung ankurbelt oder in Makrophagen das Selbstmordprogramm der Zelle startet.

Schema des Überlebensmechanimus | Ein Bakterientoxin hat in der Zellmembran eine Pore gebildet (1), durch die Kalium ausströmt (2). Der Kalium-Verlust dient der Zelle als Alarmsignal, auf das hin sie Inflammasome bildet (3). Diese aktivieren das Protein Caspase-1 (4). Die Caspase-1 aktiviert SREBP (5), das vom endoplasmatischen Retikulum zum Golgi-Apparat wandert. Dort wird ihm ein Teil abgeschnitten, der dann in den Zellkern gelangt und dort die Produktion von Lipiden in Gang setzt (6). Die Lipide können zur Reparatur der Zellmemebran verwendet werden (7).
Eine ganz andere Aufgabe des Enzyms entdeckten nun Van der Goot und Kollegen in ihren durch das Bakterientoxin perforierten Zellen: Die Caspase-1 setzte dort einen Reparaturmechanismus der Zelle in Gang.

Und zwar aktivierte das Protein in den malträtierten Zellen auf das Alarmsignal Kalium-Verlust hin zunächst ein anderes Eiweiß namens SREBP (sterol regulatory element binding protein), das seinerseits nach einem weiteren Zwischenschritt die Synthese von Lipiden anregte.

Unterbrachen die Wissenschaftler diese Abläufe an irgendeiner Stelle, fielen viel mehr Zellen dem Toxin zum Opfer als wenn der Vorgang ungehindert ablaufen konnte – der neu entdeckte Mechanismus erhöhte also die Überlebenschance der angegriffenen Zellen.

"Noch kennen wir die Einzelheiten des Weges nicht, auf dem die Lipidsynthese das Überleben der Zelle sichert"
(Gisou Van der Goot)
"Noch kennen wir die Einzelheiten des Weges nicht, auf dem die Lipidsynthese das Überleben der Zelle sichert", sagt Van der Goot. Die Wissenschaftler vermuten aber, dass die auf den Hilferuf hin neu synthetisierten Lipide schließlich zum Stopfen der Löcher in der Zellmembran eingesetzt werden.
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