Ökologie: Feuer in Südeuropa
Wie offenbar alle Jahre wieder toben auch diesen Sommer zahllose Brände in Griechenland, Spanien, Italien oder auf dem Balkan: Tausende Hektar Wald- und Buschland wurden bereits Raub der Flammen. Häufig steckt gezieltes Zündeln und Landspekulation dahinter, doch ist Feuer tatsächlich auch ein wichtiger Teil der mediterranen Natur - manche Pflanzen sind sogar essenziell darauf angewiesen.
In Italien flohen zahlreiche Gäste des Campingplatzes von Peschici ins Meer, um einer Feuerwalze zu entkommen, die sich durch ausgetrocknete Macchia und Pinienwälder zum Strand vorfraß. In Griechenland fiel Athens Frischluftoase auf dem Berg Parnitha den Flammen zum Opfer. Und auf den Kanarischen Inseln mussten sich mehrere tausend Einheimische und Gäste evakuieren lassen, weil die Feuerwehren auf Gran Canaria oder Teneriffa den Gluten nicht mehr Herr wurden.
Viele Gründe, ein Auslöser
Bisweilen wollen Viehzüchter auf diese Weise Weiden für ihre Tiere gewinnen. Und wieder andere Pyromanen erhoffen sich anschließend eine Arbeit in der Wiederaufforstung, die oft mit Geldern der Europäischen Union subventioniert wird und in Süditalien deshalb häufig die Mafia anlockt. Auf Gran Canaria machte ein Forstarbeiter Schlagzeilen, der aus Wut zündelte, weil sein Vertrag im Herbst auslief – und selbst Feuerwehrleute lassen sich zu diesen Taten hinreißen, um ihre Arbeitsplätze zu sichern. Nur selten dagegen sind Blitzschlag, die Selbstentzündung vermodernder Pflanzenreste oder Funkenflug bei Steinschlag die Auslöser.
Vor allem die Spekulation um Bauland hat nach Angaben der Naturschutzorganisation WWF dazu geführt, dass sich seit 1960 die Zahl der Feuer im Mittelmeergebiet vervierfacht hat. Doch dies ist nicht der einzige Grund: Seit damals hat sich auch die Wald- und Buschfläche in der Region deutlich vergrößert, da viele kleine landwirtschaftliche Betriebe in abgelegenen Gebieten, auf ungünstigem Terrain, aber auch im Einflussbereich wichtiger Industrie- oder Tourismusstandorte aufgegeben wurden. Satellitenbilder und Kartierungen zeigen, dass sich in Südeuropa die von Kiefernwäldern oder Macchien bewachsenen Bereiche teilweise um ein Drittel ausgeweitet haben.
Falsche Feuerpolitik
Dies lässt sich auch im Westen der Vereinigten Staaten beobachten, wo lange eine Politik der Feuerunterdrückung wie am Mittelmeer praktiziert wurde: Einmal entzündet, entwickeln sich viele dieser Störereignisse rasch zu Naturkatastrophen, die große Waldgebiete auf einen Schlag vernichten. Ein Blick über die Grenze nach Baja California, das im Norden klimatisch dem Mittelmeergebiet ähnelt und kein derartiges Managament kennt, zeigt hingegen, wie es unter natürlichen Bedingungen aussähe: Statt großer verheerter Areale liegt hier ein regelrechter Flickenteppich aus verschiedenen Erholungsstadien der Vegetation nach einem Brand vor – sie bilden zum Teil sehr effektive Brandschutzdämme. Häufige leichte Brände reduzieren zudem die Menge an geeignetem Brennstoff.
Pflanzen brauchen Feuer
Was von uns Menschen meist als Unglück angesehen wird, ist für die Vegetation jedoch meist ein Segen. Feuer war in allen mediterranen Regionen der Erde ein wichtiger Einflussfaktor der Evolution, an den sich viele Pflanzenarten effektiv angepasst haben – bisweilen sind sie sogar lebensnotwendig darauf angewiesen. Sternkiefern oder Korkeichen besitzen eine sehr dicke Rinde, um sich immun gegen die Hitze der Flammen am Boden zu machen. Zistrosen wiederum benötigen Feuer, damit ihre Samen auskeimen können. Die Baumheide wäre ohne die hitzige Störung im Konkurrenzkampf mit überschattenden Bäumen hoffnungslos unterlegen und treibt nach einem Brand rasch aus ihren Wurzelstöcken neu aus. Andere Pflanzen wiederum überleben als Knollen oder Samen im Boden und nutzen anschließend die entstandenen lichten Freiflächen zur neuerlichen Vermehrung. Ähnliches gilt für die Tierwelt, in der etwa die zahlreichen Grasmücken und Laubsänger auf Macchien angewiesen sind, während sie in den Wäldern von nordeuropäischen Arten verdrängt werden.
Die Bedenken der Naturschützer spiegeln demnach den wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht wider. Sie zielen wohl auch eher auf die befürchtete Bebauung der Gebiete ab, die aus Naturlandschaften verstädterte Zonen macht. Zudem setzen die Brände viel Kohlendioxid frei, das die Erderwärmung antreibt. Deshalb ist es auch erforderlich, dass die maßgeblich betroffenen Länder endlich ihre eigenen Gesetze strikter durchsetzen, nach denen verbrannte Waldflächen in ihrer Nutzung nicht umgewidmet dürfen. Auf den Prüfstand muss ebenso die Politik der Europäischen Union, die die Wiederaufforstung finanziell fördert. Diese Gelder locken nicht nur Spekulanten an, sondern unterstützen die Pflanzung ungeeigneter Baumarten wie Kiefern und Eukalyptus anstelle der natürlichen Erholung der Vegetation und legen damit die Basis für neue Brände. Denn gerade Eukalyptuswälder brennen wie Zunder, wie die Feuerkatastrophen aus Portugal im Jahr 2003 zeigen: Während sie in Asche fielen, blieben viele alte Korkeichenhaine fast unversehrt.Ur
Viele Gründe, ein Auslöser
Jedes Jahr vernichten Feuersbrünste je nach Quelle geschätzte 600 000 bis 800 000 Hektar Wald- und Buschland rund um das Mittelmeer – das entspricht der Fläche von Korsika. 96 Prozent der rund 50 000 Brände in der Region gehen dabei auf Menschen zurück, die sie absichtlich legen oder versehentlich auslösen, weil sie gedankenlos eine Zigarettenkippe ins Unterholz schnippen oder die Kontrolle über ein Lagerfeuer verlieren. Häufiger ist aber die gezielte Brandstiftung. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Die Bebauung von Wald- und Buschland ist in vielen Ländern Südeuropas verboten, was durch Feuer dennoch ermöglichen soll. Denn vielfach existieren Grundstückskataster nur in Ansätzen, sodass nachträglich nicht immer erkannt werden kann – oder soll –, wo Wald stand und wo nicht. Bauverbote, die das Errichten von Häusern auf verbrannten Arealen auf Jahre hinaus untersagen, werden dabei häufig ignoriert.
Bisweilen wollen Viehzüchter auf diese Weise Weiden für ihre Tiere gewinnen. Und wieder andere Pyromanen erhoffen sich anschließend eine Arbeit in der Wiederaufforstung, die oft mit Geldern der Europäischen Union subventioniert wird und in Süditalien deshalb häufig die Mafia anlockt. Auf Gran Canaria machte ein Forstarbeiter Schlagzeilen, der aus Wut zündelte, weil sein Vertrag im Herbst auslief – und selbst Feuerwehrleute lassen sich zu diesen Taten hinreißen, um ihre Arbeitsplätze zu sichern. Nur selten dagegen sind Blitzschlag, die Selbstentzündung vermodernder Pflanzenreste oder Funkenflug bei Steinschlag die Auslöser.
Vor allem die Spekulation um Bauland hat nach Angaben der Naturschutzorganisation WWF dazu geführt, dass sich seit 1960 die Zahl der Feuer im Mittelmeergebiet vervierfacht hat. Doch dies ist nicht der einzige Grund: Seit damals hat sich auch die Wald- und Buschfläche in der Region deutlich vergrößert, da viele kleine landwirtschaftliche Betriebe in abgelegenen Gebieten, auf ungünstigem Terrain, aber auch im Einflussbereich wichtiger Industrie- oder Tourismusstandorte aufgegeben wurden. Satellitenbilder und Kartierungen zeigen, dass sich in Südeuropa die von Kiefernwäldern oder Macchien bewachsenen Bereiche teilweise um ein Drittel ausgeweitet haben.
Falsche Feuerpolitik
Im Vergleich zu bewirtschafteten Weiden, Weingärten oder Äckern sammelt sich darin zudem eine große Menge an Brennstoff an – noch dazu wenn das Feuermanagament der verantwortlichen Politiker und Forstwirte sich vornehmlich darauf beschränkt, Brände zu verhindern. Statt vieler kleiner und schwacher Feuer, die angefallenes Totholz, vertrocknete Nadeln oder verdörrtes Buschwerk gleich verzehren, sammelt sich eine enorme Menge davon an und liefert einmal ausgebrochenen Flammen reichlich Nahrung. Sie entwickeln dadurch eine große Hitze und erreichen auch die Baumkronen, was ihre Bekämpfung unmöglich macht oder zumindest stark erschwert.
Dies lässt sich auch im Westen der Vereinigten Staaten beobachten, wo lange eine Politik der Feuerunterdrückung wie am Mittelmeer praktiziert wurde: Einmal entzündet, entwickeln sich viele dieser Störereignisse rasch zu Naturkatastrophen, die große Waldgebiete auf einen Schlag vernichten. Ein Blick über die Grenze nach Baja California, das im Norden klimatisch dem Mittelmeergebiet ähnelt und kein derartiges Managament kennt, zeigt hingegen, wie es unter natürlichen Bedingungen aussähe: Statt großer verheerter Areale liegt hier ein regelrechter Flickenteppich aus verschiedenen Erholungsstadien der Vegetation nach einem Brand vor – sie bilden zum Teil sehr effektive Brandschutzdämme. Häufige leichte Brände reduzieren zudem die Menge an geeignetem Brennstoff.
Pflanzen brauchen Feuer
Was von uns Menschen meist als Unglück angesehen wird, ist für die Vegetation jedoch meist ein Segen. Feuer war in allen mediterranen Regionen der Erde ein wichtiger Einflussfaktor der Evolution, an den sich viele Pflanzenarten effektiv angepasst haben – bisweilen sind sie sogar lebensnotwendig darauf angewiesen. Sternkiefern oder Korkeichen besitzen eine sehr dicke Rinde, um sich immun gegen die Hitze der Flammen am Boden zu machen. Zistrosen wiederum benötigen Feuer, damit ihre Samen auskeimen können. Die Baumheide wäre ohne die hitzige Störung im Konkurrenzkampf mit überschattenden Bäumen hoffnungslos unterlegen und treibt nach einem Brand rasch aus ihren Wurzelstöcken neu aus. Andere Pflanzen wiederum überleben als Knollen oder Samen im Boden und nutzen anschließend die entstandenen lichten Freiflächen zur neuerlichen Vermehrung. Ähnliches gilt für die Tierwelt, in der etwa die zahlreichen Grasmücken und Laubsänger auf Macchien angewiesen sind, während sie in den Wäldern von nordeuropäischen Arten verdrängt werden.
Insgesamt erhöht sich also durch ein Feuer die Biodiversität des Raums – Aussagen, dass sich die Vegetation nach starken Bränden nie mehr wird erholen können, sind daher haltlos und wissenschaftlich nicht erwiesen. Nur in Extremfällen regeneriert sich das Ökosystem stark verzögert, etwa wenn rasch starke Niederschläge auf einen Brand folgen und dadurch der Boden abgetragen wird. Und auch wenn sich Feuer zu rasch wiederholen, kann das Ökosystem degradieren und statt einer artenreichen Macchia eher eintönige Zistrosen-Heiden dauerhaft dominieren.
Die Bedenken der Naturschützer spiegeln demnach den wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht wider. Sie zielen wohl auch eher auf die befürchtete Bebauung der Gebiete ab, die aus Naturlandschaften verstädterte Zonen macht. Zudem setzen die Brände viel Kohlendioxid frei, das die Erderwärmung antreibt. Deshalb ist es auch erforderlich, dass die maßgeblich betroffenen Länder endlich ihre eigenen Gesetze strikter durchsetzen, nach denen verbrannte Waldflächen in ihrer Nutzung nicht umgewidmet dürfen. Auf den Prüfstand muss ebenso die Politik der Europäischen Union, die die Wiederaufforstung finanziell fördert. Diese Gelder locken nicht nur Spekulanten an, sondern unterstützen die Pflanzung ungeeigneter Baumarten wie Kiefern und Eukalyptus anstelle der natürlichen Erholung der Vegetation und legen damit die Basis für neue Brände. Denn gerade Eukalyptuswälder brennen wie Zunder, wie die Feuerkatastrophen aus Portugal im Jahr 2003 zeigen: Während sie in Asche fielen, blieben viele alte Korkeichenhaine fast unversehrt.Ur
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