News: Flackernde Standardkerzen
Beliebte Standardkerzen waren unter Astronomen bislang zum Beispiel Supernovae vom Typ Ia (SN). In diesen SN explodiert ein Doppelsternsystem bestehend aus einem Weißen Zwerg und seinem Begleiter. Hierbei wächst der Weiße Zwerg, indem er seinem Begleiter Materie entzieht, bis er so groß und heiß wird, daß der Kohlenstoff in ihm explosionsartig verbrennt und den Stern zerreißt. Zu den chemischen Prozessen, die diese Entwicklung verursachen, gab es bislang gute Modelle, so daß der Helligkeitsverlauf für alle Supernovae dieses Typs als bekannt und fest verausgesetzt wurde. Neueste Untersuchungen an benachbarten Supernovae deuten jedoch darauf hin, daß es durchaus Unterschiede in den Entwicklungen und somit der Helligkeit geben kann.
Bislang wurden Supernovae erst ab einer gewissen Helligkeit beobachtet, niemals jedoch von Beginn der Explosionsphase an. Diese Lücke hat Adam Riess mit seinen Kollegen der University of California, Berkeley mit einem Team vom Pekinger Observatorium und vielen Hobbyastronomen zu schließen versucht. Bei der Beobachtung von zehn Typ Ia-Supernovae in der näheren Sonnenumgebung zeigte sich, daß der Verlauf der Helligkeit bis zum Maximum deutlich länger dauerte als angenommen. Supernovae gleichen Typs, die von Forschern des Supernova Cosmology Project, einer anderen Gruppe, beobachtet wurden, lagen dagegen alle über mehrere Milliarden Lichtjahre weit entfernt. Sie zeigten jedoch im Vergleich, wie Riess meint, deutlich kürze Entwicklungszeiten, so daß daraus geschlossen werden müßte, daß Supernovae sich in unterschiedlichen Entfernungen anscheinend nicht gleich entwickeln und offenbar verschiedene Prozesse durchlaufen.
Wenn sich Supernovae des Typs Ia in großer Distanz anders verhalten als welche, die in unserer Umgebung explodieren, muß tatsächlich ihre Funktion als Standardkerze ernsthaft in Frage gestellt werden – und damit alle indirekt über sie gemessenen Größen. Viele als bekannt angenommenen Entfernungen und auch einige Modelle müßten infolgedessen neu überdacht werden. Doch noch sind die Daten des Supernova Cosmology Project nicht vollständig ausgewertet. Sein Leiter Saul Perlmutter mahnt daher vor übereilten Schlüssen. Ob das astronomische Kartenhaus einen Schubs bekommt oder nicht, steht also noch in den Sternen.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 4.6.1999
"Von der Wiege bis (fast) zur Supernova – auf einem Bild " - Spektrum Ticker vom 21.12.1998
" Immer und immer größer" - Spektrum der Wissenschaft Spezial 1994, Seite 28
"Die Entstehung der Elemente"
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