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News: Flinkes Röhrchen

Nanoröhrchen aus Kohlenstoff sind wegen ihrer besonderen Eigenschaften eines der Lieblingsspielzeuge von Physikern. Und so träumen diese von mancherlei Anwendung, die mit den winzigen Gebilden einmal möglich werden könnte. Nachdem Forscher im letzten Jahr mehrwandige Nanoröhrchen wie die Glieder einer Teleskop-Antenne fast reibungslos auseinander zogen, berechneten nun Theoretiker, dass sich damit ein winziger Oszillator bauen lässt - ein Miniaturmetronom sozusagen, dass im Gigahertztakt schlägt.
Das Nanoröhrchen ist ein Werkstoff der Extreme: Sein Durchmesser kann einige Dutzend, aber auch nur knapp einen halben Nanometer betragen. Seine Zugfestigkeit liegt bei 45 Milliarden Pascal – hochfeste Stahllegierungen brechen dahingegen schon bei zwei Milliarden Pascal. Trotzdem lässt es sich nahezu unbeschränkt verbiegen und kehrt danach stets in seine ursprüngliche Form zurück. Ströme bis zu einer Milliarde Ampere könnten einen Quadratzentimeter des filigranen Gebildes durchfließen. Kupferdrähte brennen im Vergleich dazu schon bei einem Tausendstel dieser Stromdichte durch. Schließlich bestehen Kohlenstoff-Nanoröhrchen häufig nicht nur aus einer Schale, vielmehr sind meist mehrere Röhrchen ineinander geschachtelt, wobei ihre Enden in der Regel abgerundet sind. Hier sitzt ein Verschluss, der aussieht wie ein halber Miniatur-Fußball oder ein Fulleren, wie es die Forscher nennen.

Im letzten Jahr haben John Cumings und Alex Zettl von der University of California in Berkeley einen solchen Verschluss eines mehrwandigen Nanoröhrchen geöffnet, um das kleine Exemplar, das darin steckte, mit einem feinen Greifer herauszuziehen [1]. Das ging wie geschmiert, denn die winzige Teleskopantenne setzte der Bewegung nur einen ganz geringen Reibungswiderstand entgegen. Als die Forscher das Röhrchen jedoch losließen, schnellte es wieder zurück an seinen Platz. Ursache dafür ist die Van-der-Waals-Kraft, eine verhältnismäßig schwache, kurzreichweitige Kraft, die bewirkt, dass sich neutrale Atome oder Moleküle anziehen.

Mit einer theoretischen Arbeit gingen jetzt Quanshui Zheng von der Tsinghua University in Peking und Qing Jiang von der University of California in Riverside einen Schritt weiter [2]: Sie entledigten die äußerste Hülle des Nanoröhrchens nicht nur eines Endes, sondern gleich beider. So konnte das kleinere Röhrchen im Innern nicht nur zu einer Seite entwischen, sondern auch zur anderen. Was passiert nun, wenn es herausgezogen und losgelassen wird?

Das Röhrchen wird zunächst wieder von der Van-der-Waals-Kraft zurückgezogen, also zu einem Minimum dieser Kraft hin beschleunigt. Das heißt also, dass sich die potenzielle Energie in kinetische Energie umwandelt. In der Mitte der äußeren Hülle ist das Potenzial am geringsten, das Röhrchen beschleunigt also nicht weiter, besitzt aber so viel kinetische Energie, dass es gleich am anderen Ende wieder herausfliegt, bis sich die kinetische Energie vollständig in potenzielle Energie gewandelt hat. Das Röhrchen schwingt also in der Kohlenstoffhülle wie ein Pendel hin und her. Tatsächlich lässt sich die Frequenz dieses Systems auch ähnlich einem Federpendel berechnen; und so fanden die Wissenschaftler heraus, dass das Röhrchen mit einer Frequenz von bis zu einigen Gigahertz hin und her schwingt.

Das ist für ein mechanisches System unglaublich schnell. So erreichen ja gerade mal die schnellsten heute erhältlichen Computer-Prozessoren eine derartig hohe Taktrate. Nun sind wieder die Experimentatoren gefragt, um die theoretische Arbeit in die Praxis umzusetzen. Einfach wird das sicherlich nicht, aber Zheng und Jiang geben immerhin eine Idee, wie sich das Röhrchen zu solch schnellen Schwingungen anregen ließe: Dazu könne man es beispielsweise dotieren und so eine elektrische Ladung einbringen. Mit einer äußeren Ladung ließe sich dann das Innere herausziehen.

Ein solches Bauelement könnte dann vielleicht einmal direkt hochfrequente elektromagnetische Strahlung empfangen, einfach indem es in gleicher Frequenz wie diese vor und zurück schwingt. Wer weiß, vielleicht ließen sich damit ja ganz neue leistungsfähige und vor allem winzige Handyantennen bauen? Doch günstiger würden die Mobiltelefone damit sicherlich nicht, denn mit rund 1700 Euro pro Gramm halten Nanoröhrchen auch einen Rekord, was den Preis anbelangt.

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