Fluiddynamik: So gelingt der perfekte Bier-Tornado
Möchte man eine Flasche möglichst schnell leeren, dann hilft ein so genannter Tornado: Man bewegt die Flasche kreisend, bis die Flüssigkeit rotiert und sich darin ein Wirbel bildet. Zeigt die Flaschenöffnung dann nach unten, dringt Luft ein und gelangt durch die Mitte des Wirbels bis an die Oberfläche der Flüssigkeit, wodurch diese rasch ablaufen kann. Im Alltag ist dieses Phänomen bekannt, doch wissenschaftliche Studien gab es dazu bisher kaum. Das hat ein Team um die Physikerin Aurore Caquas von der Université Paris-Saclay nun geändert. Die Forschungsgruppe hat in Laborexperimenten untersucht, wie man Wassertanks möglichst schnell leeren kann. Wie sie in der Fachzeitschrift »Physical Review Fluids« berichtet, gibt es für zylindrische Gefäße eine optimale Drehgeschwindigkeit, mit der ein perfekter Tornado gelingt.
Statt mit Bierflaschen zu experimentieren, haben die Fachleute einen etwa 40 Zentimeter hohen, zylinderförmigen Plexiglastank mit einem Durchmesser von 29 Zentimetern mit Wasser gefüllt und auf eine rotierende Plattform gestellt. Sie arbeiteten mit zwei verschieden großen Tanköffnungen: eine mit einem Durchmesser von knapp 1,3 Zentimetern und die andere mit zirka 2 Zentimetern.
Während der Tornado-Experimente wies die Flüssigkeit innerhalb des Tanks ein komplizierteres Verhalten auf als erwartet. Abhängig von der Flüssigkeitsmenge, dem Durchmesser des Auslasses und der Rotationsgeschwindigkeit fanden Caquas und ihr Team drei verschiedene Zustände vor. Bei niedrigen Drehgeschwindigkeiten bildet sich zunächst ein »Gluck-gluck-Regime« aus: Es treten erst einzelne Luftblasen in die Öffnung des Tanks ein, bevor die Flüssigkeit abläuft. Bei höherem Tempo entsteht irgendwann ein instabiler Wirbel – eine Art Tornado, der jedoch nicht stark genug ist, um es der Luft dauerhaft zu ermöglichen, von der Tanköffnung bis zur Wasseroberfläche zu strömen. Das wird erst bei noch höheren Drehgeschwindigkeiten in der dritten Phase möglich, wenn sich der Tornado stabilisiert und dann einem Wirbel über dem Ablauf einer Badewanne ähnelt.
Wie sich herausstellt, hängt die Dauer der drei verschiedenen Zustände stark von der Form des Gefäßes, der Flüssigkeitsmenge und der Drehgeschwindigkeit ab. Das bedeutet: Je nachdem, wie schnell man eine Flasche kreisend bewegt, können die Übergänge zwischen der Gluck-gluck-, der instabilen und der stabilen Tornado-Phase unter Umständen lange dauern. Zwar führt eine sehr hohe Drehgeschwindigkeit dazu, dass das Wasser im stabilen Tornado-Regime extrem schnell abfließt, allerdings verlängert die rasche Rotation zugleich die Lebensdauer des instabilen Regimes. Im Extremfall kann das die Zeit zum Leeren des Gefäßes so sehr verlängern, dass der Vorgang ganz ohne Drehung (also in der reinen Gluck-gluck-Phase) schneller vonstattengeht.
Wie die Physikerinnen und Physiker herausfanden, gibt es eine optimale Drehgeschwindigkeit, bei der die Lebensdauern der ersten beiden Phasen recht kurz sind und gleichzeitig der stabile Tornado so gut ausgebildet ist, dass das Wasser schnell ausströmt. Bei dieser Geschwindigkeit ist die Zeitdauer zum Leeren des Tanks minimal. Für den speziellen Versuchsaufbau der Arbeitsgruppe betrug die optimale Rotationsgeschwindigkeit (je nach Größe des Auslasses) etwa drei bis vier Umdrehungen pro Minute. Wenn sie hingegen acht Umdrehungen pro Minute überschritt, leerte sich der Tank langsamer, als wenn er stillstand.
Da die Form des untersuchten Tanks – ebenso wie der Inhalt – von einer Bierflasche abweicht, lässt sich das Ergebnis nicht eins zu eins auf das alltagsnahe Beispiel übertragen. Um die optimale Rotationsgeschwindigkeit für einen Bier-Tornado zu berechnen, müsste man die verschiedenen Flaschenformen untersuchen – und eventuelle Auswirkungen von Kohlensäure in der Flüssigkeit. Doch auch dort gilt höchstwahrscheinlich: Schnelleres Drehen führt nicht unbedingt zu einem besseren Ergebnis.
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