Extreme Erosion: Flut riss Canyon am Oroville-Staudamm
Die Bilder zeigen einen gigantischen Riss im Berghang: Im bis vor wenigen Tagen noch von Gischt verhüllten Mittelteil des Überlaufs klafft ein enormer Krater, von dem ein Canyon mit Dutzenden Metern hohen Steilwänden zum ehemaligen Flusslauf führt. Nachdem der Wasserstand im Stausee in den letzten Tagen weit genug abgesunken ist, hat die Wasserbehörde von Kalifornien jetzt den Abfluss durch den stark beschädigten Überlauf des Damms gestoppt. Nun sollen Fachleute den Schaden begutachten und einen Plan für die mögliche Reparatur entwerfen.
Das allerdings wird nicht einfach angesichts der immensen Mengen Material, die von der Bergflanke weggespült wurden. Allein die neu entstandene Schotterbank im Flussbett soll nach ersten Schätzungen deutlich über eine Million Tonnen Schutt enthalten – ein Teil davon muss abgetragen sein, bevor wieder Wasser durch den Damm selbst fließt und die Turbinen des Kraftwerks Energie ins kalifornische Stromnetz liefern. Zusätzlich muss der obere Teil des Hauptüberlaufs noch einige Wochen Regenzeit und Schneeschmelze überstehen, ohne dass der ebenfalls schwer beschädigte Notüberlauf erneut beansprucht wird. Laut Zeitungsberichten sind allerdings sowohl die Wasserbehörde als auch unabhängige Fachleute zuversichtlich, dass das Reservoir bis zum Sommer übersteht – trotz der Rekordmengen an Regen und Schnee, die dieses Jahr bereits gefallen sind.
Eine echte Herausforderung aber ist, so die Meinung von Fachleuten, die Instandsetzung des teilweise zerstörten Hauptüberlaufs. Nach Ansicht des Erdrutschexperten Dave Petley von der University of Sheffield sind auch die unbeschädigt erscheinenden Teile des unteren Überlaufs durch die starke Erosion instabil geworden. Dieser Teil der Struktur müsse wohl komplett neu aufgebaut werden – mit einem Fundament, das aufs Grundgestein hinabreicht, schreibt er in seinem Blog. Das feste Gestein unter dem oberen Teil des Überlaufkanals sorgte dafür, dass sich die Erosion hier nicht weiter auf den Stausee zu fressen konnte.
Entscheidend für das Vorgehen dürfte aber auch die Ursache des ursprünglichen Schadens sein. Bisher gibt es nur Spekulationen darüber, was den Hauptüberlauf so dramatisch zerstörte. Die Vermutungen reichen von Beeinträchtigungen durch Baumwurzeln und unzureichender Instandhaltung bis hin zu der These, dass sich der Beton durch das plötzliche Wasser nach Jahren der Trockenheit verzogen habe. Naheliegend ist allerdings eine andere Vermutung: Womöglich kommt der Beton des Bauwerks einfach ans Ende seiner Nutzungsdauer. Der Damm von Oroville könnte Signalwirkung für das ganze Land haben. Mit knapp 50 Jahren auf dem Buckel ist das Reservoir einen Tick jünger als der Durchschnitt der US-amerikanischen Staudämme.
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