Wetter: Föhnwinde über Norddeutschland?
Für Münchner ist der Föhn kein unbekanntes Phänomen: Regelmäßig bläst er die Alpennordseite hinab, bringt Wärme, manchem Kopfschmerzen und allen Großstadtbewohnern eine gute Fernsicht auf die Berge. Doch über Hamburg? Anfang dieser Woche trat dieses Wetterphänomen tatsächlich auch über Norddeutschland auf und brachte weiten Teilen Nord- und Nordostdeutschlands bis hinab nach Thüringen nahezu wolkenfreien Himmel. Schuld daran war laut dem Deutschen Wetterdienst eine besondere Druckkonstellation über Europa: Einem kräftigen Hoch über den Britischen Inseln stand ein starkes Tief über dem nordwestlichen Russland gegenüber. Auf Grund ihrer jeweiligen Drehrichtung – das Hoch im, das Tief gegen den Uhrzeigersinn – führten sie mit einer nordwestlichen Strömung feuchte und kühle Luft vom Atlantik gegen die südskandinavischen Gebirge, was auf deren Lee- und damit windabgewandten Seite zu einem stark Föhn führte, der sich sehr großräumig bemerkbar machte.
Immer noch nicht eindeutig belegt ist jedoch, wie diese trockenwarmen Fallwinde entstehen, die in vielen Gebirgen und sogar Mittelgebirgen der Erde auftreten können. Beim klassischen Ansatz, der anhand des Alpenföhns beschrieben wurde, trifft feuchte Luft auf die Luvseite eines Gebirgskamms und muss aufsteigen. Dabei kühlt sie sich pro 100 Höhenmeter um 0,65 bis 1 Grad ab: Die Luft kann die zuvor aufgenommene Feuchtigkeit nicht mehr komplett halten; Wasserdampf kondensiert, es bilden sich Wolken, und schließlich kann es regnen oder schneien. Übertreten die Luftmassen den Gebirgskamm, sinken sie wieder ab und erwärmen sich dabei um 1 Grad pro 100 Höhenmeter – die Wolken lösen sich auf. Neben der Erwärmung durch den Abstieg sorgt die ungehinderte Sonneneinstrahlung für eine weitere Aufheizung, weshalb am Gebirgsfuß auf der Leeseite nun höhere Temperaturen auftreten als im ursprünglich Luftmassenpaket auf der Luvseite. Diese für Südbayern typische Wetterlage stellt sich häufig im Winter ein, wenn Tiefs über das Mittelmeer gegen die Südseite der Alpen ziehen. Während es im Winter in Norditalien kräftig regnet, können Münchnerinnen und Münchner im Café ihren Espresso draußen trinken.
Doch Statistiken zeigen auch, dass in der Hälfte aller Föhnwetterlagen keine Niederschläge oder gar Wolkenbildung auf der Luvseite auftreten und damit nicht dem klassischen Bild entsprechen. Deshalb haben Meteorologen eine zweite Theorie entwickelt – die so genannte hydraulische Föhntheorie. Dabei blockiert ein Gebirge auf seiner Luvseite die Luftströmung wie ein Staudamm: Sie bleibt einfach hinter dem Bollwerk liegen wie das Wasser hinter einer Betonmauer. Oberhalb der Gipfel bewegt sich die Luft hingegen weiter und sackt hinter dem Kamm ab, weil sich nun unterhalb davon ein Massendefizit auftut. Gleich bleibt, dass sich die Luftmassen beim Absinken stetig aufwärmen und Wolken auflösen.
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