Erbkrankheiten: Forscher entdecken rätselhafte Immunität
Zumeist analysieren Wissenschaftler das Erbgut erkrankter Menschen, um Hinweise auf die genetischen Ursachen einer Krankheit zu finden. Nun stellte eine Forschergruppe dieses Prinzip auf den Kopf und suchte in der DNA gesunder Menschen nach Mutationen, die im Regelfall eine Erbkrankheit auslösen. Und tatsächlich wurden sie fündig: In den Daten von insgesamt 589 306 Teilnehmern identifizierten sie 13 Personen, die auf unerklärliche Weise von den Auswirkungen einer schädlichen Mutation verschont blieben. Zu erklären, was diesen so genannten Superhelden ihre Immunität beschert, könnte einen entscheidenden Hinweis für künftige Therapieansätze liefern.
Das Team um Stephen Friend von der Icahn School of Medicine in New York konzentrierte sich auf acht ausgewählte Erbkrankheiten, bei denen ein einzelnes mutiertes Gen bereits im Kindesalter eine Erkrankung auslöst, darunter beispielsweise die Mukoviszidose. In einem ersten Schritt identifizierten sie über 15 000 Kandidaten, die vor den Auswirkungen einer solchen Mutation gefeit zu sein schienen.
Aus dieser Gruppe eliminierten sie anschließend all jene Individuen, bei denen sich der Zusammenhang nicht zweifelsfrei festmachen ließ. Nur 13 Datensätze genügten ihren Anforderungen. In den übrigen Fällen war beispielsweise die Qualität der Gensequenzierung nicht ausreichend, oder es ließ sich mit letzter Sicherheit belegen, dass bei einer gegebenen Mutation wirklich unübersehbare Krankheitssymptome zu erwarten wären. Das bedeutet aber auch, bei einer besseren Datenlage würden sich möglicherweise deutlich mehr resistente Individuen finden, als ihre letztendliche Ausbeute nahelegt.
Tatsächlich waren Friend und Kollegen dazu gezwungen, auf die Daten anderer Forscher zuzugreifen. Insgesamt zwölf Datensätze flossen in die Untersuchung ein. Ohne diese Zweitverwertung wäre eine derart umfassende Suche nicht machbar gewesen – doch das Vorgehen hatte einen hohen Preis, wie die Wissenschaftler nun einräumen. Die Einwilligung der Teilnehmer erstreckte sich nur auf die jeweils erste Verwendung ihrer Gendaten. Es ist dem Team um Friend darum nicht möglich, auf die 13 "Superhelden" zuzugehen und sie um eine Nachuntersuchung zu bitten. Darum ist nicht ausgeschlossen, dass sich das Phänomen der Superresistenz gegenüber einer Erbkrankheit nicht doch als methodisches Artefakt entpuppt. Eventuell wurden bei der Erfassung der Gesundheitsdaten Fehler gemacht, möglicherweise beherbergen die Individuen Zellen mit unterschiedlichem Erbgut in ihrem Körper.
Damit ist wenig wahrscheinlich, dass konkret diese 13 Individuen bei der Suche nach neuen Therapieansätzen mithelfen können. Für die Forscher ist ihr Fund allerdings Anlass genug, in Zukunft gezielt nach Menschen zu suchen, die von den Auswirkungen vermeintlich krank machender Mutationen verschont bleiben. Im Rahmen des Resilience Project suchen sie nach Freiwilligen, die ihre genetischen Daten zur Verfügung stellen möchten.
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