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Tourette-Syndrom: Wo im Gehirn Tics entstehen

Motorische und verbale Zwänge wie ständiges Zucken oder Räuspern können für die Betroffenen ziemlich belastend sein. Eine schwere Form stellt das Tourette-Syndrom dar. Nun hat man das Hirnnetzwerk identifiziert, das für die Tic-Störung verantwortlich ist.
Forscher zeigen auf Hirnscans

Bei Tics handelt es sich um rasche, unfreiwillige Bewegungen oder um Lautäußerungen. Oft treten die vokalen und motorischen Zwänge auch gemeinsam auf, dann spricht man vom Tourette-Syndrom. Manche der Betroffenen leiden stark unter den unkontrollierbaren Zuckungen und Ausrufen, da andere Menschen mitunter mit Unverständnis und Zurückweisung reagieren. Forscherinnen und Forscher von der Charité Berlin haben nun herausgefunden, welches Hirnnetzwerk für die Entstehung von Tics verantwortlich ist.

Für die Studie machte sich die Arbeitsgruppe um Andreas Horn eine seltene Form der Störung zu Nutze. Das Team führte eine Literaturrecherche durch und identifizierte 22 Patienten, bei denen die Krankheit nachweislich durch eine Verletzung entstanden war, etwa ein Schädel-Hirn-Trauma oder einen Schlaganfall. Mit Hilfe einer aufwändigen Kartierung der Läsionen stellten Horn und seine Kollegen fest, dass die meisten der betroffenen Regionen Teil eines gemeinsamen Netzwerks waren.

Ein ganzes Netzwerk für Tics

Die zusammenhängenden Areale verteilen sich fast über das ganze Gehirn: von der Inselrinde über den Gyrus cinguli, der sich oberhalb des Balkens befindet, bis zum Thalamus und dem Kleinhirn. Auch wenn die einzelnen Bereiche für sich immer wieder mit der Entstehung von Tics in Verbindung gebracht wurden, blieb laut Horn bisher unklar, welche der Regionen die Tics auslösen und welche nur aktiv sind, um fehlerhafte Prozesse zu kompensieren.

Um ihre Befunde zu untermauern, gingen die Fachleute noch einen Schritt weiter. Neurochirurgen implantieren bei besonders schwerem Tourette-Syndrom bisweilen Hirnschrittmacher, wenn Medikamente oder eine Verhaltenstherapie nicht helfen. Bei 30 solcher Patienten schaute sich die Forschergruppe anhand von Hirnscans ganz genau die Areale an, in die die Stimulationselektroden platziert wurden. »Am meisten profitierten die Betroffenen mit schwerer Tic-Störung, wenn die Tiefenhirnstimulation direkt auf die Regionen des Tic-Netzwerks abzielte«, sagt Christos Ganos, Erstautor der Studie. Die Forscher hoffen, dass ihre Erkenntnisse dabei helfen, die Behandlung der Erkrankung zu verbessern.

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