Umwelt: Forscher warnen vor stark anschwellender Plastikflut
Ohne ein drastisches Umschwenken im Umgang mit Plastik wird die Menschheit die Gewässer der Erde immer weiter mit Müll belasten. Das ist das Fazit eines internationalen Forscherteams, das simuliert hat, wie viel Plastik aus 173 Nationen in den kommenden zehn Jahren in Flüsse, Seen und Ozeane gelangen wird. Demnach wird diese Menge trotz ambitionierter Gesetzesvorhaben und Initiativen weiter anwachsen, von rund 20 Millionen Tonnen im Jahr 2016 auf bis zu 53 Millionen Tonnen im Jahr 2030, schreibt das Team um Stephanie B. Borrelle von der University of Toronto im Magazin »Science«.
Die Schätzung basiert unter anderem auf länderspezifischen Zahlen zum Bevölkerungswachstum, der pro Kopf produzierten Müllmenge, dem Anteil an Plastik darin und dem Prozentsatz nicht fachgerecht entsorgten Abfalls pro Land. Die Forscher berücksichtigen aber auch gegenwärtige Pläne, dem Plastikproblem zu begegnen. Davon ausgehend entwickelte die Gruppe verschiedene Zukunftsszenarien: Im pessimistischsten folgt die Plastikflut dem Trend der letzten Jahre, woraufhin 2030 zwischen 52 und 90 Millionen Tonnen jährlich in die Meere gelangen würden, also zwischen 2,5- und 4,5-mal so viel wie heute.
Doch selbst wenn viele Länder wie derzeit geplant bestimmte Plastikprodukte verbieten, einen hohen Anteil des Plastiks recyceln oder sicher entsorgen und mehr Plastikmüll aus der Umwelt entfernen als heute, stieg die Menge in den Gewässern tendenziell deutlich. Unter diesem »ambitionierten« Szenario gelangten immer noch zwischen 20 und 53 Millionen Tonnen in die Meere, wobei 35 Millionen Tonnen den Mittelwert darstellte. Zu einem ähnlichen Ergebnis war ein anderes Wissenschaftlerteam bereits im Juli gekommen.
Um das Problem in den Griff zu bekommen und die jährliche Menge auf die acht Millionen Tonnen pro Jahr von 2010 zu drücken, seien daher deutlich größere Anstrengungen nötig, folgern die Ökologen. So müsste die Industrie nicht nur zwischen 25 und 40 Prozent weniger Plastik herstellen, auch müsste man mehr als die Hälfte des verwendeten Plastiks sicher lagern oder recyceln. Daneben müssten Gesellschaften 40 Prozent des in die Umwelt gelangten Plastiks wieder entfernen (statt wie heute fast überhaupt keines).
Für die düstere Prognose gebe es mehrere Gründe, schreibt das Team: Neben der Bevölkerungsdynamik und einem fehlenden globalen Regelwerk sei auch der Frackingboom in den USA für den Trend verantwortlich: Unternehmen wollen dort in naher Zukunft mehr als 200 Milliarden US-Dollar in die petrochemische Industrie investieren, was auch die nachgelagerte Produktion an Rohplastik erheblich ankurbeln dürfte.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.