Evolution: Ältester Skorpion war vielleicht erster Landgänger
Im Jahr 1985 entdeckten Paläontologen ein Fossil, das auf den ersten Blick unscheinbar aussieht. Doch 35 Jahre später entpuppt es sich als kleine Sensation: Es handelt sich um die versteinerten Überreste eines Skorpions, der vor 437 Millionen Jahren lebte. Womöglich wagten sich demnach Skorpione als eine der ersten Tierarten an Land vor. Das berichten Andrew Wendruff von der Otterbein University in Westerville und sein Team in »Scientific Reports«: Die Wissenschaftler bestimmten zwei Fossilien aus der Waukesha-Lagerstätte in Wisconsin als bisher unbekannte Skorpionart, die nun den Namen Parioscorpio venator trägt.
Die Gesteinsschicht, in der die Fossilien gefunden wurden, stammt aus dem Silur. Sie übertrifft altersmäßig noch Funde eines Skorpions aus Schottland, der bislang als ältester Vertreter seiner Klasse galt. Die untersuchten Exemplare von Parioscorpio venator waren nur 2,5 Zentimeter groß, aber so gut erhalten, dass Wendruff und Co einige anatomische Details beschreiben konnten. Wie heutige Skorpione besaßen sie schon die beiden charakteristischen Klauen an den Vorderbeinen und wahrscheinlich einen Stachel am Schwanzende, so dass sie mit Gift jagen oder sich verteidigen konnten – eine Detailaufnahme der Untersuchung weist zumindest auf das Vorhandensein einer Giftblase hin.
Mehr noch als die äußeren Merkmale faszinierte die Wissenschaftler die innere Anatomie der Tiere. Denn neben einigen primitiven Kennzeichen damaliger Meeresbewohner und früher Spinnentieren wie Komplexaugen blieben auch Teile des Kreislauf-, Atmungs- und Verdauungssystems erhalten. »Das Atemwegssystem dieses Skorpions deutet darauf hin, dass er an Land leben konnte. Es wäre der früheste Beleg dafür, den wir kennen«, sagt Wendruff. Der Aufbau des Kreislauf- und Atmungssystems gleiche dem heutiger Skorpione verblüffend stark, so die Wissenschaftler. Gleichzeitig besaßen sie Strukturen, welche jenen der Pfeilschwanzkrebse ähneln: Diese lebenden Fossilien halten sich vornehmlich in küstennahen Gewässern auf, können jedoch ebenso kurzzeitig an Land gehen.
Die Versteinerungen entstanden wahrscheinlich in einem Gezeitentümpel. Die Forscher schließen daraus, dass der Urskorpion ebenfalls in beiden Elementen zu Hause war. Ob er bereits ein reines Landlebewesen war, können sie dagegen nicht mit Gewissheit sagen. Denn ob das Fossil Lungen oder Kiemen hatte, geben die bisherigen Analysen nicht her. Immerhin schiebt Parioscorpio venator das Datum für das erste Auftreten eines Spinnentiers um drei Millionen Jahre nach hinten – so viel älter ist es als sein Verwandter aus Schottland.
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