Haie und Rochen: Haie flogen unter Wasser, bevor es Teufelsrochen gab
Schon in der Kreidezeit sind manche Haie mit breiten Flossenschwingen unter Wasser umhergeflogen wie heute große Rochen. Das überrascht Experten, die bislang vermutet hatten, diese Art des Unterwasserflugs wäre erst deutlich später entstanden, als Vorfahren der heutigen Rochen ihren Körperbau darauf spezialisiert haben. Ein europäisch-mexikanisches Paläontologenteam hat nun aber das Fossil eines »Adlerhais« entdeckt, der schon vor 93 Millionen Jahren mit mehr als körperlangen Flossen unter Wasser segeln konnte.
Das Aquilolamna milarcae getaufte Tier aus der Kreidezeit stellt das Team um Romain Vullo von der Université de Rennes im Fachmagazin »Science« vor. Zum Forscherteam gehörten auch Wissenschaftler des Jura-Museums Eichstätt, der Universitäten Heidelberg und Bonn, des Naturkundemuseums Karlsruhe und aus Frankreich und Mexiko. Sie hatten ein fossiles Exemplar des Adlerhais von 1,7 Meter Länge in einem Plattenkalkbruch nahe der nordostmexikanischen Kleinstadt Vallecillo ausgegraben. Der Hai war nach Rekonstruktionen breiter als lang und hatte Brustflossen mit einer Spannweite von 1,9 Metern gehabt.
Die Plattenkiemer, zu denen alle Haie und Rochen zählen, sind vor rund 380 Millionen Jahren mit ersten Exemplaren aufgetreten und füllen heute zahlreiche ökologische Nischen. Neben den klassischen Hai-Fleischfressern gibt es auch viele Formen, die sich von Plankton ernähren. Dabei unterscheidet man die großen Formen mit typischem Haikörperbau wie die Walhaie von Formen wie den räuberischen Adlerrochen sowie den Teufelsrochen, die eher über dem Meeresboden dahinschweben und dort vor allem Plankton aus dem Wasser filtern. Der nun entdeckte Adlerhai hatte ein breites, vermutlich mit winzigen Zähnchen bestücktes Maul am Ende eines stumpfen Kopfes. Die Experten gehen daher davon aus, dass es sich auch bei ihm um einen Planktonfresser handelte.
Die für Teufelsrochen typische Kombination eines Körperbaus mit flügelartigen Brustflossen und der Nahrungsfilterung hätte also schon in der Kreidezeit existiert – und somit deutlich bevor es Teufelsrochen überhaupt gab. Demnach sei bei Haien und Rochen der Unterwasserflug im Lauf der Evolution offenbar zweimal und auf unterschiedliche Weise entstanden, schreiben die Forscher in »Science«. Wahrscheinlich ist der Adlerhai der Kreidezeit aber nicht geschwommen wie heute ein Manta, statt wellenartigen Brustflossenbewegungen trieb wohl die gegabelte Schwanzflosse den ausgestorbenen Hai vorwärts.
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