News: Frauen werden in Deutschland zu selten aktiv
Die Schwachpunkte liegen keineswegs bei staatlichen Existenzgründerprogrammen oder beim Wissens- und Technologietransfer. Diese Aspekte werden für Deutschland relativ gut bewertet. Auch in Sachen gründungsbezogene Infrastrukturen und Gründungsfinanzierung kann Deutschland durchaus mithalten. Dennoch raffen sich durchschnittlich nur etwa zwei von 100 erwachsenen Bundesbürgern zum Schritt in die Selbstständigkeit auf. In Kanada sind es sieben, in den USA mehr als acht. Die zehn GEM-Länder können hinsichtlich der Gründungsaktivitäten in drei Klassen eingeteilt werden: In die Kategorie mit hohem Niveau (mittlere Gründungsquote von 6,9 Prozent) gehören Kanada, Israel und USA, in die Kategorie mit mittlerem Niveau Italien und Großbritannien (3,4 Prozent) und in die Kategorie mit niedrigem Niveau Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich und Japan (1,8 Prozent). Die Unterschiede in den Gründungsquoten erklären etwa ein Drittel der Varianz des volkswirtschaftlichen Wachstums.
Als bedeutende Gründungsbarriere wirken sich hierzulande vor allem soziale und kulturelle Normen aus. Das gesellschaftliche Ansehen von "Entrepreneuren" ist gering, die Angst sitzt tief, bei einem Scheitern viel soziales Ansehen zu verspielen. Ein Unternehmen zu gründen und es, wenn es sein muss, wieder zu schließen, gilt in Nordamerika oder Israel fast als selbstverständlich; im europäischen und speziell im deutschen Werteverständnis wird daraus regelmäßig ein "big deal".
Hinzu kommt Unsicherheit, ob man sich die Gründung und Leitung einer Firma zutrauen kann. Denn unternehmerisches Denken will gelernt sein, doch in deutschen Schulen und Hochschulen fehlt vielfach die geeignete Wissensvermittlung. Und nach wie vor trauen sich Frauen viel zu selten in die Selbstständigkeit. Auf sieben männliche Gründer in Deutschland kommt nur eine Frau – selbst im gründungsschwachen Japan ist die Frauenquote mehr als doppelt so hoch, und in den USA nähert sich das Verhältnis allmählich dem Gleichstand.
Das deutsche GEM-Team unter der Leitung von Sternberg empfiehlt daher insbesondere, mehr Augenmerk auf die "weichen" Faktoren zu legen, die als soziale Normen und Qualifikationsmerkmale vor allem in den Köpfen wirken. Positive Effekte sind überdies von einem gründerfreundlichen regionalen Umfeld zu erwarten. Der nationale Gründungssektor und somit Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum insgesamt, aber auch jeder einzelne Gründer profitiert von regionalen Gründungsclustern, deren Entstehung wenigstens partiell und langfristig durch politische Maßnahmen begünstigt werden kann.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 29.2.2000
"Erfolgsfaktoren von Existenzgründern und Kleinunternehmern in Afrika"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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