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Phonästhetik: Wann klingt eine Sprache schön?

Das Deutsche gilt als hart und hässlich. Romanische Sprachen wie das Französische oder Italienische empfinden wir dagegen als weich und melodisch. Doch das verrät weniger über den Klang der Sprachen als über uns selbst.
Eine türkisfarbene Wand, darin ein Loch, durch das man ein Ohr sieht
Jedes Ohr hört ein wenig anders: Die Vorerfahrungen mischen mit.

»Amore mio!« Die italienische Sprache scheint wie geschaffen, die Liebe und das schöne Leben zu besingen. Ein deutscher Satz dagegen holpert von Wort zu Wort wie ein klappriges Auto über Kopfsteinpflaster. Kein Wunder also, dass Italienisch oft zu den schönsten europäischen Sprachen gezählt wird und Deutsch nicht? Doch.

Fachleute rümpfen über derartige Rankings die Nase: Es gebe kein objektives Maß für den Wohlklang einer Sprache, deshalb sei auch keine schöner oder hässlicher als die andere. Dem steht allerdings das subjektive Empfinden von Laien gegenüber und wirft eine durchaus seriöse Forschungsfrage auf: Wie kommt es, dass manche Fremdsprachen in unseren Ohren angenehm klingen – und andere weniger?

Um unsere Vorlieben zu erklären und Abneigungen zu rechtfertigen, suchen wir gerne nach objektiven Tatsachen. Deshalb lautet eine populäre Theorie, dass der Grund in der Sprache selbst liegt, genauer: in ihrem Lautbild. Im Italienischen beispielsweise wimmelt es nur so von Silben, die auf einen Selbstlaut (Vokal) enden, wie in »ge-la-to« (Eis). Gemeinsam mit der charakteristischen Betonung geben sie der Sprache ihren beschwingten, vollen Klang.

Eine alternative Erklärung: Das Vorwissen und die Vorurteile über eine Sprache oder Sprachgemeinschaft färben das Urteil ein. So könnten die Assoziationen mit romantischer Liebe und Dolce vita beeinflussen, wie wir die romanischen Sprachen wahrnehmen. Und die dritte Theorie: Es kommt darauf an, wie gut wir eine Sprache kennen. Denn was uns vertraut ist, mögen wir lieber.

Was stimmt? Diese Frage beschäftigt Susanne Reiterer, Professorin für Sprachlernforschung an der Universität Wien, seit 2020. In einer ersten Studie spielten sie und ihr Team 45 Versuchspersonen, darunter elf mit deutscher Muttersprache, eine Fabel in 16 europäischen Sprachen vor. Nach jeder Hörprobe sollten die Probandinnen und Probanden unter anderem die Schönheit der Sprache beurteilen.

»40 bis 50 Prozent der Varianz in den Urteilen lassen sich damit erklären, ob sich eine Fremdsprache vertraut anhört«Susanne Reiterer, Linguistin

Das Ergebnis war eindeutig und bestätigte sich in Folgestudien: Vor allem die Vorerfahrungen waren entscheidend. »40 bis 50 Prozent der Varianz in den Urteilen lassen sich damit erklären, ob sich eine Fremdsprache vertraut anhört«, berichtet die Linguistin Susanne Reiterer. Ähnlichkeiten mit der Muttersprache spielten dabei keine große Rolle. Die Vertrautheit hänge in erster Linie von der Kenntnis der Fremdsprache ab, in zweiter Linie von anderen Vorerfahrungen mit der Sprache, sei es im Alltag oder im Urlaub. Kein Wunder also, dass in der ersten Studie Französisch, Englisch und Italienisch den Schönheitswettbewerb gewannen. Die Bekanntheit allein erklärt aber nicht alles. Deutsch wurde zwar von allen erkannt, landete jedoch mit Walisisch auf den letzten Plätzen. Einen großen Einfluss hatte außerdem die Stimme – ein Störfaktor bei der Suche nach den Ursachen von Sprachvorlieben.

Um den Effekt der Vertrautheit zu reduzieren, spielten Reiterer und ihre Kolleginnen in einer weiteren Studie 145 Versuchspersonen nur vergleichsweise unbekannte europäische Sprachen vor. Während sich die bekannteren Sprachen auf einer Skala von 0 bis 100 um bis zu 20 Punkte unterschieden hatten, lagen die unbekannteren enger beieinander: Nur noch rund zehn Punkte trennten das obere Ende der Rangliste (Griechisch und Baskisch) vom unteren Ende (Walisisch und Dänisch).

Auch die romanischen Sprachen Katalanisch und Portugiesisch spielten oben mit. Das änderte sich, als Reiterer und ihr Team ausschließlich Urteile von Teilnehmenden auswerteten, die keinerlei Anzeichen für Vertrautheit mit einer Sprache zeigten, also weder die Sprache selbst noch verwandte Sprachen oder die Sprachfamilie benennen konnten. Die rund 200 Personen mit chinesischer oder europäischer Muttersprache befanden erneut Griechisch für am schönsten – doch die romanischen Sprachen waren in die untere Tabellenhälfte gerutscht. Reiterer entdeckte allerdings nur ein einziges akustisches Merkmal, das mit dem Schönheitsempfinden zusammenhing: Je mehr dunkle Vokale (»u« und »o«), desto schlechter die Platzierung. Um weitere Effekte des Lautbilds zu finden, war die Stichprobe mit 24 europäischen Sprachen womöglich noch zu klein.

Doch eine Studie von 2023 mit rund zehnmal so vielen Sprachen wurde ebenso wenig fündig. Das Team von der Universität Lund in Schweden und der Akademie der Wissenschaften in Moskau spielte 820 Versuchspersonen mit den Muttersprachen Englisch, Chinesisch, Arabisch und Hebräisch insgesamt 228 Sprachen vor. Die Hörproben stammten jeweils von mehreren Personen, um den Einfluss der Stimme auszubalancieren.

Englisch und Italienisch standen fast immer in den Top 3, unabhängig von der Muttersprache. Noch stärker stimmten die negativen Urteile überein: Auf den hinteren Plätzen landeten stets zwei Sprachen aus dem Kaukasus mit vielen schwer aussprechbaren Konsonanten. Auch die »tonalen« Sprachen Mandarin und Thai, bei denen der Tonverlauf in den Vokalen die Bedeutung verändern kann, kamen nicht so gut an, selbst bei Menschen mit tonaler Muttersprache.

Dennoch lautete das Fazit der Gruppe: »Es mag universelle phonästhetische Präferenzen geben, aber ihr Beitrag scheint gering.« Entscheidend war wiederum das Gefühl der Vertrautheit: Dafür gab es im Mittel zwölf Punkte mehr. Dass die Versuchspersonen in der Hälfte der Fälle falsch rieten, spielte keine Rolle: Es genügte, wenn ihnen die Sprache bekannt erschien.

Dem Deutschen wurde seine Bekanntheit wiederum zum Verhängnis – wegen der Assoziation mit den »bad guys«, den »super villains« des 20. Jahrhunderts, wie Studienautor Niklas Erben Johansson in einem Youtube-Video erklärt. Schuld daran seien Hollywood-Filme mit brüllenden Nazis, die noch heute das Bild der Deutschen im Ausland prägen. Auch Hitlers »Bühnendeutsch«, eine theatralisch übertriebene Sprechweise, könnte zum hässlichen Image der Sprache beigetragen haben, wie die deutsche Youtuberin Feli from Germany in einem Video darlegt.

Wird Deutsch freundlich gesprochen oder überhaupt nicht erkannt, verliert es seinen Schrecken. Es hat zwar durchaus akustische Eigenheiten, die eher unangenehm wirken, wie den im Rachen schabenden »ch«-Laut, Konsonantenketten wie in »STR-u-MPF« und den harten Stimmeinsatz bei Wörtern, die mit einem Vokal beginnen. Doch das ist offenbar nicht entscheidend. Andere germanische Sprachen wie Isländisch schneiden in Schönheitsrankings besser ab, obwohl sie mit dem Deutschen lautlich viel gemeinsam haben. Nur Dänisch ist ähnlich unbeliebt. Als Hauptgrund gehandelt: eine ungewöhnliche Variante in der Aussprache des Buchstaben »d«.

Wie klingt eigentlich …

... Dänisch? Irisch? Ungarisch? Auf einer Website der Europäischen Union kann man sich alle EU-Amtssprachen vorspielen lassen.

Die Sound-Effekte von Sprachen

Aber gibt es überhaupt einzelne Laute oder Lautkombinationen, die nachweislich angenehm oder unangenehm klingen? Das untersucht ein Forschungszweig an der Grenze zwischen Psychologie und Sprachwissenschaft: die Phonästhetik. Ein bekannter Vertreter ist der britische Linguist David Crystal: Ende des 20. Jahrhunderts erstellte er Listen mit englischen Wörtern, die gemeinhin als schön empfunden werden, und suchte nach ihren lautlichen Gemeinsamkeiten.

Die Phonästhetik sucht jedoch nicht nur nach Wohl- und Missklängen, sondern auch nach anderen Eigenschaften, die wir mit Lauten verbinden. Schon 1930 berichtete der britische Linguist John Rupert Firth (1890–1960) über Lautkombinationen (»Phonästheme«), die überzufällig häufig mit einer bestimmten Bedeutung verbunden sind. Ungefähr zur gleichen Zeit beobachtete der deutsche Gestaltpsychologe Wolfgang Köhler (1887–1967), dass sogar einzelne Laute Assoziationen wecken können: Seine Experimente mit Kunstwörtern zeigten, dass die Konsonanten »m« und »l« eher an runde Formen und »t« und »k« eher an spitze Formen erinnern. Heute sind solche Assoziationen unter dem Begriff »Bouba-Kiki-Effekt« bekannt und in zahlreichen Sprachen nachgewiesen.

Das Prinzip dahinter, genannt »Klangsymbolismus«, erstreckt sich über viele verschiedene Sinnesmodalitäten. Niklas Erben Johansson und seine Kollegen fanden über 245 Sprachfamilien hinweg insgesamt 125 Assoziationen zwischen Lauten und Bedeutungen. Beispielsweise wurden Wörter mit »i« als klein und hell beschrieben, Wörter mit »a« dagegen als groß und mit »u« oder »o« als dunkel. Selbst der Geschmackssinn mischt mit: Lange Vokale lassen eher an etwas Süßes denken.

Solche Befunde widersprechen einem alten Dogma der Linguistik: dass zwischen dem Klang und der Bedeutung eines Wortes keine logische Verbindung besteht, mit Ausnahme von Lautmalereien wie »Miau«. Doch daran zweifeln inzwischen viele Fachleute. Klangsymbolismen könnten sich in der Evolution von Sprachen zum Beispiel bewährt haben, weil sie helfen, vor Gefahren zu warnen.

»Auf aversiv klingende Sprache reagieren die gleichen Hirnareale wie auf aversive Geräusche«Arash Aryani, Neuropsychologe

Das vermutet auch der Neuropsychologe Arash Aryani von der FU Berlin. »Auf aversiv klingende Sprache reagieren die gleichen Hirnareale wie auf aversive Geräusche«, hat er in einer eigenen Studie beobachtet. Mit vergleichenden Analysen konnten Aryani und Kollegen zum Beispiel erklären, warum das englische Wort »piss« unfeiner klingt als »pee«: wegen des kurzen Vokals und des Zischlauts. »Die akustischen Eigenschaften tragen zur emotionalen Bedeutung bei«, erklärt der Psychologe. »Man muss dabei aber zwischen der emotionalen Erregung – ruhig versus erregt – und der emotionalen Wertigkeit – positiv versus negativ – unterscheiden.« Beruhigende Laute wie »m«, »l« und »b« würden zwar eher als angenehm wahrgenommen und erregende Laute wie »p«, »t«, »k«, »s« und »sch« als unangenehm. Doch das sei eben nicht immer der Fall. Ein lustiges Gedicht etwa könne die emotionalen Vorzeichen verändern und die erregenden Laute »p« oder »t« fröhlich klingen lassen, sagt Aryani.

Die körperliche Aktivierung, die mit der emotionalen Erregung einhergeht, ist eine basale Reaktion auf neue oder auffällige Reize und war für unsere Vorfahren überlebenswichtig. Ob der Reiz positiv oder negativ bewertet wird, kommt jedoch auf die Situation an und ist noch dazu individuell verschieden. Das würde erklären, weshalb emotional positive oder negative Effekte oft schwach oder uneinheitlich sind. Aktivierende Reaktionen sollten stärker und konsistenter ausfallen, sie werden in der Regel aber nicht erfasst.

Die Sprachen der Schönen und Bösen

Dennoch arbeiten Linguistinnen und Linguisten vor allem mit der emotionalen Wirkung von Lauten, um Sprachen für fiktiven Welten zu erfinden, in der englischen Fachsprache kurz »conlangs« (constructed languages). »Konstruierte Sprachen sollen häufig einen Klang haben, der die Eigenschaften ihrer Sprecherinnen und Sprecher unterstreicht, zum Beispiel sie als gut oder böse charakterisiert«, erklärt die Linguistin Christine Mooshammer von der Berliner Humboldt-Universität. Typische Strategien, um eine Sprache böse klingen zu lassen, seien starke Abweichungen vom Englischen, abrupte Stopps, Zischlaute sowie Kehllaute, die an ein Knurren oder Würgen erinnern.

Dank ihrer ausgeprägten Profile lassen sich erfundene Sprachen bestens nutzen, um die emotionale Wirkung von Lauten zu untersuchen. Mooshammer und ihr Team haben dazu zwölf Conlangs ausgewählt, darunter Klingonisch aus der Fernsehserie »Star Trek«, Dothraki aus »Game of Thrones«, Na'vi aus dem Film »Avatar« und fünf Sprachen aus J.R.R. Tolkiens Fantasy-Romanen (»Der Herr der Ringe«).

Conlangs: Beispiele für konstruierte Sprachen

Black Speech ist J.R.R. Tolkiens Sprache des Bösen, und Orkisch ist davon abgeleitet. Um sie hart, mächtig und bedrohlich klingen zu lassen, verwendete er viele Konsonantencluster, Reibe- und Kehllaute. Quenya und Sindarin sind Sprachen der Elben und sollen mit ihren vielen langen Vokalen und sonoren Lauten schön und friedlich anmuten.

Klingonisch und Vulkanisch wurden von Marc Okrand für das Star-Trek-Universum erfunden. Die Klingonen sind ein außerirdisches Kriegervolk; ihre Sprache besteht aus vielen Kehllauten. Die Vulkanier, eine humanoide Spezies, denken und handeln logisch. Ihre Sprache ist lautlich stark am Englischen orientiert.

Dothraki sprechen die aggressiven Kriegernomaden in G.R.R. Martin’s »A Song of Ice and Fire« und in der daran orientierten Fernsehserie »Game of Thrones«. Kennzeichen der Sprache sind viele Konsonanten und Kehllaute sowie ein hoher Anteil an den Vokalen »a« und »o«.

Na’vi wurde vom Linguisten Paul Frommer für den Film »Avatar« kreiert und soll möglichst fremdartig klingen.

Rund 130 Versuchspersonen mit deutscher Muttersprache bekamen drei Sätze aus jeder Sprache vorgespielt, jeweils vorgelesen von einem Mann und einer Frau. In den Urteilen spiegelten sich die von den Erfindern beabsichtigten Sympathien und Antipathien: Tolkiens Elbensprachen Quenya und Sindarin wurden als am angenehmsten beurteilt, Dothraki, Na'vi und Klingonisch als am unangenehmsten. Las ein Mann vor, kam die Sprache im Mittel ein wenig schlechter an. Weibliche Stimmen wirkten dagegen wie ein Verstärker: Die Elbensprachen wurden besonders positiv bewertet und das raue Klingonisch besonders negativ. Aber der Klang erwies sich ebenfalls als bedeutsam: Stimmhafte Laute kamen gut an, und unbekannte Laute schlugen am negativsten zu Buche.

In ihren laufenden Studien ziehen Mooshammer und ihr Team zusätzlich Versuchspersonen mit anderen Muttersprachen hinzu: Englisch, Arabisch, Mandarin (Hochchinesisch) und Kantonesisch, ein chinesischer Dialekt. Erste Befunde stellten sie 2023 auf einem Kongress vor. Wiederum stand Quenya am oberen und Klingonisch am unteren Ende der Rangliste. Wie im Ranking der 228 natürlichen Sprachen galt auch hier: In ihren Abneigungen stimmten die Versuchspersonen stärker überein als in ihren Vorlieben. »Arabischmuttersprachler fallen allerdings ein wenig aus der Reihe: Ihnen gefällt Dothraki am wenigsten«, berichtet Mooshammer aus unveröffentlichten Daten. »Und Orkisch finden sie sogar schöner als Elbisch – vielleicht wegen der klanglichen Nähe zu den arabischen Kehllauten.« Um das zu klären, brauche es mehr Versuchspersonen.

»Wer Orkisch erkannte, fand es hässlicher«Christine Mooshammer, Linguistin

Es gab jedoch keine lautlichen Eigenschaften, die für deutsche oder englische Ohren schön und zugleich für chinesische Ohren unschön klangen – oder umgekehrt. Sofern die Schönheitsurteile mit bestimmten Lautmerkmalen zusammenhingen, dann in der gleichen Richtung, egal ob die Muttersprache Englisch, Deutsch, Mandarin oder Kantonesisch war.

Als großes Plus erwies sich zum Beispiel ein hoher Anteil an Vokalen und stimmhaften Lauten sowie an Endungen auf einen Vokal oder auf ein »n«. Unangenehm wirkten dagegen Kehl- oder Rachenlaute und Wörter, die mit zwei oder mehr Konsonanten beginnen. Und nur für Deutsch- und Englischsprachige ein Genuss: die Schallfülle (»Sonorität«), die eine Sprache über größere Distanzen hörbar macht. Das kommt womöglich deshalb gut an, weil eine Sprache mit hoher Schallfülle leichter zu verstehen und zu verarbeiten ist.

Damit schließt sich der Kreis zum größten Schönheitsfaktor der natürlichen Sprachen: Dass sich die Vertrautheit mit einer Sprache so positiv auswirkt, hängt mit der Verarbeitungsflüssigkeit zusammen. In der Conlang-Studie spielte dieser Faktor allerdings nur eine kleine Rolle, denn um welche erfundene Sprache es sich handelte, errieten jeweils nur wenige Prozent der Hörerinnen und Hörer. Und wenn, dann konnte sich das Wiedererkennen auch negativ auswirken, wie beim Deutschen: »Wer Orkisch erkannte, fand es hässlicher«, berichtet Mooshammer.

Expertise ist ein Gamechanger

Das übereinstimmende Fazit zu natürlichen und künstlichen Sprachen: Welche wir schön finden, hat weniger mit ihrem Klang zu tun als mit unseren Vorerfahrungen. Bei besonderer Sprachexpertise könnten sogar ganz eigene Gesetze gelten. Experimente mit Alltagsgegenständen legen nahe, dass vor allem Laien das Gewohnte und Vertraute lieber mögen. Fachleute sind davon gelangweilt, sie bevorzugen ein komplexeres, weniger leicht bekömmliches Design.

So geht es zum Beispiel den Fans eines Musikgenres, das die meisten Menschen eher anstrengend finden: Heavy Metal. Experimente an der Université Sorbonne in Paris zeigten: Rein sensorisch reagierten die Schwermetall-Fans ebenso negativ auf die bedrohlichen Klänge ihrer Lieblingsmusik wie andere Menschen. Außerdem gefiel ihnen ihr Lieblingsgenre weniger, sobald sie mental anderweitig beansprucht waren. Daraus schlossen die Forschenden, dass die Fans die schwer verdaulichen Klänge nur deshalb ästhetisch zu schätzen wissen, weil sie sie auf einer höheren Verarbeitungsebene umbewerten.

Wenn das bei brachialen Disharmonien möglich ist, dann sicherlich auch bei knurrenden Kehllauten. Die Vorliebe von Fachleuten für komplexere Reize legt nahe: Wer sich intensiver mit Sprachen beschäftigt, wird gerade den unvertrauten Klängen etwas abgewinnen. Und umgekehrt: Wenn sich jemand für das dänische »d« oder deutsche Konsonantenketten erwärmen kann, lässt das auf Expertise schließen.

Zum Mitmachen

Vielsprachige für Aufnahmen gesucht:

Susanne Reiterer und ihr Team suchen für ihre Forschung Menschen, die sehr viele verschiedene Sprachen akzentfrei sprechen und in das MediaLab der Universität Wien kommen oder sich selbst in Studioqualität aufnehmen können. Kontakt per E-Mail an: ­Lukas Nemestothy

Teilnehmen als Versuchsperson:

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