Ökologie: Fruchtbarer Kollisionskurs
Je mehr Wildbienen auf einem Sonnenblumenfeld unterwegs sind, desto mehr Blüten werden bestäubt. Klingt logisch - mehr Pollentransporteure, mehr fruchtender Transfer. Doch der Effekt geht auf ganz andere Ursachen zurück.
Wer bei Bienen nur an Honig denkt, der hat weit gefehlt. Die sechsbeinigen Brummer zählen zu den wichtigsten Arbeitern in der Landwirtschaft, sind ihre Bestäubungsdienste doch für eine Vielzahl von Nutzpflanzen von entscheidender Bedeutung. 15 bis 30 Prozent der Nahrungsmittelproduktion benötigen Pollentransporteure, und weltweit gehört Apis mellifera zu den häufigsten Beauftragten: Mittels aufgestellter Bienenstöcke versuchen Bauern, den Bestäubungserfolg auf ihren Felder zu verbessern.
Nicht vergessen darf man natürlich die selteneren und eher unscheinbaren wilden Verwandten: Auch sie übertragen beim Sammeln eifrig Pollen unter den Blüten und liefern so ihren Teil zur Befruchtung. Je vielfältiger und zahlreicher dabei die Wildbienengenossenschaft auf einem Feld ist, desto umfangreicher fällt nachher die Ernte aus. Eine direkte Folge der höheren Bestäuberzahl? Das wäre der naheliegende Schluss. Wie Sarah Greenleaf und Claire Kremen zeigen, aber der falsche.
Die beiden Wissenschaftlerinnen von der Universität Princeton und der Universität von Kalifornien in Berkeley haben ihre vergangenen Sommer, so scheint es, vorwiegend in kalifornischen Sonnenblumenplantagen verbracht. Hier stehen zwei Sorten Hybride: Die einen Pflanzen produzieren noch Pollen – sie werden als "Männchen" bezeichnet –, die anderen nur noch Nektar, sie sind steril und gelten als "Weibchen". Wildbienen interessieren sich stark für Männchen, während sie die Weibchen meist links liegen lassen. Honigbienen hingegen finden Gefallen an beiden, wobei sich einzelne Individuen meist spezialisieren: Es gibt also Männer- und Frauenliebhaber.
Greenleaf und Kremen stülpten nun zunächst Hauben über einzelne Sonnenblumenköpfe, die sie erst zu Beginn der Blüte entfernten. Der erste Bienenbesuch wurde akribisch notiert, weitere Besucher vorsichtig vom gleichzeitigen Landen abgehalten. Nach Abflug des Besuchers kam die Haube wieder über den Blütenstand, um weitere Bestäubungsaktivitäten zu verhindern. An der Zahl der gebildeten Körner konnten die beiden Wissenschaftlerinnen dann den Bestäubungserfolg ablesen und der Bienensorte zuordnen.
Nun machen die Männer- und Frauenvorlieben der Honigbienen aus Bestäubungssicht Probleme beim Pollentransfer auf die sterilen Pflanzen: Die Nektarspezialistinnen bringen keinen Pollen mit, und die Pollensammlerinnen verirren sich nicht dorthin – normalerweise zumindest. Greenleaf und Kremer beobachteten aber durchaus Besuch reich bepackter Honigbienen-Pollenträger, insbesondere dann, wenn auch Wildbienen durchs Feld schwirrten.
Als die Wissenschaftlerinnen einzelne Bienen beschatteten, entdeckten sie die Ursache der ungewöhnlichen Besuche: Zusammenstöße der Beteiligten im wahrsten Sinne des Wortes. Greenleaf und Kremer beobachteten, wie Pollen beladene Wildbienenweibchen auf den "männlichen" Blüten mit Honigbienen zusammenprallten, die daraufhin schnell das Weite suchten. Zur Flucht trug auch das äußerst aktive Werbungsverhalten von Wildbienenmännchen bei, die sich auf jedes verfügbare Weibchen stürzten, sei es nun Artgenossin oder Honigbiene.
Der nächste Landeplatz der Vertriebenen lag dabei nur selten auf einem anderen Pollenproduzenten – als wollte die Honigbiene erst einmal jeden weiteren Kontakt mit diesen unkultivierten Verwandten vermeiden. Aus Sicht der Sonnenblumen und des Feldbesitzers jedoch lohnt der wilde Störfaktor: gelangt nun doch Pollen auf Narben, die sonst eher darben müssen.
Durch ihre unerwünschte Begegnungspolitik steigern Wildbienen also die Bestäubungseffizienz von Honigbienen um ein Vielfaches und verdoppeln die Bestäubungsleistung der gezüchteten Brummer auf einem Feld, errechneten Greenleaf und Kremen. In der statistischen Analyse zeigte sich, dass dieser indirekte Effekt weit mehr zum Bestäubungserfolg beiträgt als die direkte Bestäubungsleistung der Wildbienen. Und erwartungsgemäß offenbarten die Daten auch, dass ein naturnahes Umfeld und angepasste Bewirtschaftungstechniken die Vielfalt der wilden Blütenbesucher fördert und damit deren Einfluss auf die Honigbienen steigert.
Dies liefert Naturschützern, die sich um Wildbienenbestände sorgen, ein nettes neues Argument – und ein überzeugenderes vielleicht obendrein. Denn solange die Honigbienen nicht völlig genervt ihre Dienste verweigern, dürfte es Landwirten mehr Anreiz für umweltverträglicheren Anbau bieten als die bisherigen "weichen" Forderungen nach Schutz der Biodiversität als Selbstzweck.
Nicht vergessen darf man natürlich die selteneren und eher unscheinbaren wilden Verwandten: Auch sie übertragen beim Sammeln eifrig Pollen unter den Blüten und liefern so ihren Teil zur Befruchtung. Je vielfältiger und zahlreicher dabei die Wildbienengenossenschaft auf einem Feld ist, desto umfangreicher fällt nachher die Ernte aus. Eine direkte Folge der höheren Bestäuberzahl? Das wäre der naheliegende Schluss. Wie Sarah Greenleaf und Claire Kremen zeigen, aber der falsche.
Die beiden Wissenschaftlerinnen von der Universität Princeton und der Universität von Kalifornien in Berkeley haben ihre vergangenen Sommer, so scheint es, vorwiegend in kalifornischen Sonnenblumenplantagen verbracht. Hier stehen zwei Sorten Hybride: Die einen Pflanzen produzieren noch Pollen – sie werden als "Männchen" bezeichnet –, die anderen nur noch Nektar, sie sind steril und gelten als "Weibchen". Wildbienen interessieren sich stark für Männchen, während sie die Weibchen meist links liegen lassen. Honigbienen hingegen finden Gefallen an beiden, wobei sich einzelne Individuen meist spezialisieren: Es gibt also Männer- und Frauenliebhaber.
Greenleaf und Kremen stülpten nun zunächst Hauben über einzelne Sonnenblumenköpfe, die sie erst zu Beginn der Blüte entfernten. Der erste Bienenbesuch wurde akribisch notiert, weitere Besucher vorsichtig vom gleichzeitigen Landen abgehalten. Nach Abflug des Besuchers kam die Haube wieder über den Blütenstand, um weitere Bestäubungsaktivitäten zu verhindern. An der Zahl der gebildeten Körner konnten die beiden Wissenschaftlerinnen dann den Bestäubungserfolg ablesen und der Bienensorte zuordnen.
Nun machen die Männer- und Frauenvorlieben der Honigbienen aus Bestäubungssicht Probleme beim Pollentransfer auf die sterilen Pflanzen: Die Nektarspezialistinnen bringen keinen Pollen mit, und die Pollensammlerinnen verirren sich nicht dorthin – normalerweise zumindest. Greenleaf und Kremer beobachteten aber durchaus Besuch reich bepackter Honigbienen-Pollenträger, insbesondere dann, wenn auch Wildbienen durchs Feld schwirrten.
Als die Wissenschaftlerinnen einzelne Bienen beschatteten, entdeckten sie die Ursache der ungewöhnlichen Besuche: Zusammenstöße der Beteiligten im wahrsten Sinne des Wortes. Greenleaf und Kremer beobachteten, wie Pollen beladene Wildbienenweibchen auf den "männlichen" Blüten mit Honigbienen zusammenprallten, die daraufhin schnell das Weite suchten. Zur Flucht trug auch das äußerst aktive Werbungsverhalten von Wildbienenmännchen bei, die sich auf jedes verfügbare Weibchen stürzten, sei es nun Artgenossin oder Honigbiene.
Der nächste Landeplatz der Vertriebenen lag dabei nur selten auf einem anderen Pollenproduzenten – als wollte die Honigbiene erst einmal jeden weiteren Kontakt mit diesen unkultivierten Verwandten vermeiden. Aus Sicht der Sonnenblumen und des Feldbesitzers jedoch lohnt der wilde Störfaktor: gelangt nun doch Pollen auf Narben, die sonst eher darben müssen.
Durch ihre unerwünschte Begegnungspolitik steigern Wildbienen also die Bestäubungseffizienz von Honigbienen um ein Vielfaches und verdoppeln die Bestäubungsleistung der gezüchteten Brummer auf einem Feld, errechneten Greenleaf und Kremen. In der statistischen Analyse zeigte sich, dass dieser indirekte Effekt weit mehr zum Bestäubungserfolg beiträgt als die direkte Bestäubungsleistung der Wildbienen. Und erwartungsgemäß offenbarten die Daten auch, dass ein naturnahes Umfeld und angepasste Bewirtschaftungstechniken die Vielfalt der wilden Blütenbesucher fördert und damit deren Einfluss auf die Honigbienen steigert.
Dies liefert Naturschützern, die sich um Wildbienenbestände sorgen, ein nettes neues Argument – und ein überzeugenderes vielleicht obendrein. Denn solange die Honigbienen nicht völlig genervt ihre Dienste verweigern, dürfte es Landwirten mehr Anreiz für umweltverträglicheren Anbau bieten als die bisherigen "weichen" Forderungen nach Schutz der Biodiversität als Selbstzweck.
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