Hortikultur: Frühantiker Ursprung des französischen Weinbaus
Der Weinbau ist nach Europa recht spät aus dem höher entwickelten Osten herübergeschwappt: Erst mit den Kanaanitern und den Phöniziern begann ein schwunghafter Kulturtransfer, der Völker wie die Etrusker beeinflusst hat. So gelangte auch Wein als Genuss- und Rauschmittel sowie Medizin ab dem 8. Jahrhundert allmählich in den Norden. Spätestens zwei Jahrhunderte später hatten die Etrusker den Weinanbau und -handel im Norden und Westen des Mittelmeerraums dann nahezu monopolisiert. Unklar war allerdings, ab wann andere heute berühmte Weinregionen erstmals selbst Trauben kelterten und veredelten. Im heutigen Frankreich, belegen Molekulararchäologen nun anhand von frühantiken Weinrückständen, begann eigener Weinbau aber sicher schon vor mehr als 2400 Jahren.
Das Team um Joshua Henkin von der University of Pennsylvania hatte mit verschiedenen chemischen Analysemethoden Rückstände in typisch etruskischen Amphoren aus dem frühen 5. Jahrhundert v. Chr. untersucht, die bei einer Ausgrabung des antiken Mittelmeerhafens Lattara in Südfrankreich ans Licht kamen. Die Untersuchungen ergaben typische Rückstände von eingetrocknetem Wein am Boden der Gefäße – etwa Tartrate, also Weinsäuresalze, wie man sie zum Beispiel vom Weinstein kennt. Zudem verrieten sich auch Spuren von Pinienharz, mit dem der Wein in der Antike analog zum heutigen Retsina haltbarer gemacht wurde. Außerdem scheinen die Weinmacher verschiedene aromatische Zusätze beigefügt haben – vielleicht durch eine Beimengung von Rosmarin oder Thymian.
Aussagekräftig für die Forscher war aber vor allem die Rückstandsanalyse auf einer Steinpresse, die auch auf dem Ausgrabungsgelände entdeckt wurde. Auf dem Stein mit Auslaufrinne aus dem ausgehenden 5. Jahrhundert (etwa 425-400 v. Chr.) waren offenbar Trauben, nicht etwa Oliven, gepresst worden: Die gesamte Anlage diente demnach wohl jahrzehntelang der Weinproduktion und nicht ausschließlich dem Handel mit abgefüllten und importierten Amphoren.
Die Forscher stellen nun die Hypothese auf, dass der Weinanbau wohl im Lauf des 5. Jahrhunderts vor der Zeitenwende auch im Keltengebiet des heutigen Südfrankreichs aufgeblüht war. Im Zusammenhang damit könnte die Gründung von Massalia – des heutigen Marseille – durch die westanatolischen Phokäer um 600 v. Chr. stehen: Die Neusiedler brachten womöglich eigene Kenntnisse im Weinbau mit und begannen im kommenden Jahrhundert auch mit der Produktion typischer Amphoren, die die etruskische Importamphore ablösen sollten. Spätestens ab 525 v. Chr. sank die Menge an eingeführter Etrusker-Ware in der Region dramatisch. Vielleicht deshalb, so spekulieren Henkin und Co, weil die Kelten der Umgebung die phokäische Expertise übernommen hatten und die Etruskertropfen nun mit einheimischen Gewächsen ersetzen konnten.
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