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Wanderung der Menschheit: Afrikaner mit ureuropäischen Wurzeln

Populationsgenetiker wissen aus DNA-Vergleichen zwischen Menschen weltweit, dass der moderne Homo sapiens einst in Afrika entstand: Dort findet sich die größte Bandbreite linguistischer und kultureller Vielfalt, aber auch verschiedener ursprünglicher DNA-Sequenzen. Weil alle auswandernden Gruppen von dieser Bandbreite immer nur einen Teil ausgeführt und später an die Nachkommen weitergegeben haben, ist die Vielfalt einer Verwandtschaftslinie umso geringer, je weiter sie sich zeitlich und räumlich von der Wiege der Menschheit entfernt hat. So weit aber nur die Vereinfachung: Komplizierter wird das Szenario durch viele Vermischungsvorgänge zwischen den notorisch hin- und herwandernden Menschengruppen. Ein besonderes Beispiel beschreibt nun ein Genetikerteam, das die Ahnenreihe von süd- und ostafrikanischen Stämmen angesehen hat. Die vielfältigste und daher wohl genetisch älteste afrikanische Population hatte in historischer Zeit auch eurasische Vorfahren – Menschen, die ihre eigenen, aus den Urvarianten umgeformten Gensequenzen in die afrikanische Vielfalt zurückgemischt haben [1].

Die Forscher um Brigitte Pakendorf von der CNRS in Paris haben auf Genkarten die Vielfalt der Sequenzen im Erbgut von verschiedenen süd- und ostafrikanischen Stämmen festgehalten. Solche Genkarten erlauben einen gezielten Detailvergleich von DNA-Sequenzen zwischen Menschen unterschiedlicher Völker und ermöglichen es Populationsgenetikern, Verwandtschaftslinien der Menschheit nachzuzeichnen sowie Fragen über unsere Vergangenheit zu beantworten: Welche Volksgruppe stammte von welcher ab? Woher stammten die Vorfahren eines Gruppe? Mit welcher vermischte sie sich wann und wo? Pakendorf und ihre Kollegen wollten dabei zunächst vor allem klären, wie die Wanderungsbewegungen der afrikanischen Stämme in der Vergangenheit verlaufen sind. Zu ihrer Überraschung stellten sie aber fest, dass die Afrikaner typische eurasische Gensequenzen trugen.

Berechnungen über Ort und Zeit der Genbeimischung aus dem Norden ergaben, dass die genetisch womöglich älteste Volksgruppe der Menschheit, die Khoisan Südafrikas, vor rund 900 bis 1800 Jahren einen Schwung eurasischer Gensequenzen beigemischt bekamen. Diese Gene, so zeigten die weiteren Untersuchungen, hatten wohl ihren Weg über Ostafrika genommen: Verschiedene Populationen in Tansania, Kenia und Äthiopien tragen die gleichen Sequenzen. In den ostafrikanischen Genpool waren die Sequenzen dabei wohl schon vor 2700 bis 3300 Jahren eingegangen.

Offenbar, so postulieren die Forscher, gab es eine Menschengruppe, die einst vor gut drei Jahrtausenden ihre Heimat in Eurasien oder dem Mittleren Osten verlassen hat, um nach Afrika zu ziehen. Zumindest ins recht nahe Äthiopien könnten dabei zunächst sogar sehr viel Menschen gelangt sein, wie die Analysen nahelegen – hier tragen noch heute einige Populationen bis zu 50 Prozent der westeurasischen Genspuren, so die Forscher.

Unklar jenseits der genetischen Befunde bleiben Details über die Menschen, die einst nach Afrika zurückgewandert sind. So fehlen etwa eindeutige archäologische Hinweise aus dem relevanten Zeitraum, die etwa eine Migration aus Eurasien eindeutig belegen und so die genetischen Befunde untermauern könnten. Indizien deuten immerhin darauf, dass die Architektur der äthiopischen D'mt-Kultur mögliche Vorläufer auf der arabischen Halbinsel gehabt haben könnte. Linguisten spekulieren zudem, dass die Vorläufer der Äthiosemitischen Sprachen aus Südarabien nach Ostafrika gelangt sind. Unklar bleibt bis dato schließlich, wie die eurasiatischen Gene aus Ostafrika später nach Südafrika kamen. Immerhin stützt der genetische Befund Hypothesen, nach denen Teile der Khoisan-Sprechenden tatsächlich in historischer Zeit aus dem Nordosten nach Südafrika vorgedrungen sind [2].

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