Heuneburg: Frühkeltisches Fürstinnengrab gibt einzigartigen Schmuckfund preis
Ganz behutsam und Millimeter für Millimeter schaben Restauratoren das Erdreich aus dem 80 Tonnen schweren Block, der in einer Lagerhalle im schwäbischen Ludwigsburg ruht. Grund für die aufwändige Kleinstarbeit: Im Inneren verbergen sich die Reste einer zirka 2600 Jahre alten Grabkammer, in der eine frühkeltische Würdenträgerin inklusive kostbarer Beigaben ihre letzte Ruhestätte fand – und bis zu ihrer Auffindung von Grabräubern vollkommen unbehelligt blieb.
Die zwei Handbreit hoch erhaltene Grablege wurde Ende 2010 als Ganzes nahe der Keltensiedlung auf der Heuneburg (Baden-Württemberg) aus dem Boden gehoben. Neben wenigen Skelettresten einer Frau haben die Forscher bereits 25 kunstvolle Schmuckstücke aus Gold geborgen – und konnten jüngst einen weiteren Aufsehen erregenden Edelmetallfund verbuchen: ein zirka 26 Zentimeter langes Band, mit einem knaufähnlichen Aufsatz in der Mitte.
Wozu das reich ornamentierte Schmuckband genau diente, sei allerdings noch unklar – denn bei dem Neufund handelt es sich um das einzige bislang bekannte Stück seiner Art. Denkbar wäre, dass es die Verstorbene einst als Ohrgehänge trug. Bei den Grabungen, die unter der Leitung von Landesarchäologe Dirk Krausse sowie der Restauratorin Nicole Ebinger-Rist vom Landesamt für Denkmalpflege in Baden-Württemberg stehen, fanden sich bisher eine goldene Gewandspange, kugelförmige Anhänger und Röhrenperlen aus demselben Metall; ferner Bernsteinschmuck, Ringe aus Gagat (Pechkohle), ein in ein Metallblech gefasster Eberzahn sowie ein Blechgürtel.
Machart und Form der Schmuckstücke erinnern die Archäologen an Goldschmiedearbeiten aus dem italischen Etrurien. Solche Kostbarkeiten sind bislang nur selten nördlich der Alpen zu Tage getreten. Die wertvollen Beigaben aus dem Grab bei Herbertingen (Kreis Sigmaringen) müssen zweifelsohne einer Würdenträgerin von hohem Rang gehört haben. Damit ist es die früheste bekannte Prunkbestattung einer Keltenfürstin in Südwestdeutschland. Ähnlich dekorierte Goldohrringe entdeckten die Forscher allerdings schon 2005: wenige Meter neben der Fürstin in der Grablege eines Mädchens. Wie die Archäologen annehmen, waren beide wohl miteinander verwandt.
Bei ihren Grabungen konnten die Archäologen auch zahlreiche Reste organischer Materialien sicherstellen, die von Stoffen, Leder oder Fellen stammten. Am besten haben sich aber die Eichenbohlen der 4,5 auf 3,6 Meter großen Grabkammer erhalten, weil Boden und Wandbasis durchweg von Stauwasser bedeckt waren. Wie die "Stuttgarter Nachrichten" meldeten, läge inzwischen ein erstes dendrochronologisches Datum für die jüngsten Holzreste vor: das Jahr 609 v. Chr.
Die Grabkammer war ehemals von einem Hügel bedeckt und lag inmitten einer Nekropole – zweieinhalb Kilometer von der Heuneburg entfernt in einer Donauniederung. Dort befanden sich insgesamt sieben Tumuli, die heute sehr schlecht erhalten sind. Auf der Heuneburg selbst befand sich zwischen 620 und 480 v. Chr. ein frühkeltischer Fürstensitz, bei dem es sich um die älteste stadtähnliche Siedlung nördlich der Alpen handelt. Wie Funde vom Burgberg zeigen, besaßen deren Bewohner auch weit reichende Kontakte nach Italien und in die griechischen Kolonien des Mittelmeerraums.
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