Vielteilchenphysik: Frustrierte Spins in der Quantensimulation
In manchen Fällen geraten Computer schon an ihre Grenzen, wenn sie das Zusammenspiel von nur wenigen Atomen beschreiben sollen. Ein Quantensimulator aus drei Ionen legt nun den Grundstein für die Erforschung größerer Systeme.
Physikalische Systeme sind stets bemüht, ihre Energie zu minimieren und die Unordnung zu maximieren. Das gilt für riesige Felsbrocken, die einen Berg hinabrollen und schließlich im Tal liegen bleiben, ebenso wie für die nahezu winzigsten Bestandteile unserer Welt: Atome.
Angenommen die Teilchen sind in einem Kristallgitter angeordnet, dann richten sich ihre Spins – das quantenmechanische Pendant zum Nord- und Südpol eines Stabmagneten – gerade so aus, dass Nachbars Spin in die entgegengesetzte Richtung zeigt. Denn diese Konstellation ist energietechnisch am günstigsten und das System glücklich.
In der Regel sind natürlich mehr Teilchen im Spiel und die Wechselwirkungen somit weitaus komplexer – und schwerer nachzuvollziehen. Leider sprengen bereits Systeme mit rund zwei Dutzend Atomen den Rahmen derzeit realisierbarer Computermodelle. Denn die Anzahl möglicher Spinzustände steigt exponentiell. Bei 300 Teilchen gleicht sie bereits der Zahl der Atome im gesamten Universum.
Und im Gegensatz zu unfrustrierten lassen sich frustrierte Systeme auch nicht vereinfachen – jeder einzelne Spin muss berücksichtigt werden. Um sie dennoch erforschen zu können, wählte ein Forscherteam um Christopher Monroe von der University of Maryland in College Park nun einen anderen Ansatz: Sie nutzen ein einfaches Quantensystem aus drei Ionen, um das vorhin erwähnte Spintrio zu imitieren und auf diese Weise zu untersuchen [1].
Mit zwei überkreuzten Laserstrahlen manipulierten die Wissenschaftler die Atome, drehten deren Spin um und änderten deren Bewegung. Indem sie die Stärke und Zeitdauer der Laserstrahlen variierten, konnten sie jedes der acht Spinmuster auf Wunsch erzeugen und auf diese Weise drei interagierende Spins an den Eckpunkten eines Dreiecks nachahmen.
Außerdem maßen Monroe und seine Kollegen die Verteilung der verschiedenen Spinorientierungen und wiesen so nach, dass in ihrem frustrierten System ein quantenmechanisches Phänomen namens Verschränkung auftritt. Hierbei sind Eigenschaften von zwei oder mehreren Quantenobjekten untrennbar miteinander verbunden. Sobald der verschränkte Zustand bei einem Objekt gemessen wird, ist der Zustand des anderen augenblicklich festgelegt – egal wie weit diese voneinander entfernt sind.
Im Fall der drei untersuchten Ionen handelt es sich bei dieser Eigenschaft um den Spin. Das frustrierte System besitzt sechs verschiedene Spinkonstellationen mit derselben Energie, und laut der Quantentheorie können alle hierbei möglichen Zustände in einer Superposition, also gleichzeitig, vorliegen. In diesem Fall treten Korrelationen zwischen den einzelnen Spins auf – verschiedene Grundzustände sind demnach miteinander verschränkt.
"Am spannendsten ist aber, dass wir mit nahezu der gleichen Apparatur auch viel mehr Spins – vielleicht 100 oder mehr – präzise kontrollieren könnten", erklärt Monroe. Mit einem solchen Quantensimulator ließen sich dann Vielteilchenzustände imitieren, die bislang auf keinem herkömmlichen Computer modelliert werden können, und frustrierte Quantensysteme würden somit deutlich besser handhabbar. Womöglich schon in den nächsten Jahren, hoffen Monroe und sein Team.
Dann erfahren Wissenschaftler vielleicht mehr darüber, wie Hochtemperatur-Supraleiter funktionieren und Kristalle durch Selbstorganisation entstehen, decken weitere Quantenphänomene auf oder entwickeln neuartige Materialien. Allerdings stehen noch einige Hürden im Weg, schreibt Hartmut Häffner von der University of Berkeley in Kalifornien in einem begleitenden Artikel [2].
Denn bei vielen Quantenobjekten wird eine präzise Kontrolle zunehmend schwerer. Zudem könnten Dekohärenzeffekte auftreten, wodurch die Superpostion der verschiedenen Zustände gestört würde. Jedoch scheine keines der Hindernisse unüberwindbar.
Angenommen die Teilchen sind in einem Kristallgitter angeordnet, dann richten sich ihre Spins – das quantenmechanische Pendant zum Nord- und Südpol eines Stabmagneten – gerade so aus, dass Nachbars Spin in die entgegengesetzte Richtung zeigt. Denn diese Konstellation ist energietechnisch am günstigsten und das System glücklich.
Nicht nur sprichwörtlich, sondern auch im physikalischen Sinne frustriert ist ein Netzwerk aus Atomen, wenn es einen solchen Zustand niedrigster Energie niemals erreichen kann. Ein einfaches Beispiel dafür bilden drei magnetisch miteinander wechselwirkende Teilchen an den Eckpunkten eines Dreiecks: Egal wie man ihre Spins dreht und wendet – alle Möglichkeiten sind gleichermaßen unbefriedigend und kosten mehr Energie als eigentlich nötig. Pure Frustration.
In der Regel sind natürlich mehr Teilchen im Spiel und die Wechselwirkungen somit weitaus komplexer – und schwerer nachzuvollziehen. Leider sprengen bereits Systeme mit rund zwei Dutzend Atomen den Rahmen derzeit realisierbarer Computermodelle. Denn die Anzahl möglicher Spinzustände steigt exponentiell. Bei 300 Teilchen gleicht sie bereits der Zahl der Atome im gesamten Universum.
Und im Gegensatz zu unfrustrierten lassen sich frustrierte Systeme auch nicht vereinfachen – jeder einzelne Spin muss berücksichtigt werden. Um sie dennoch erforschen zu können, wählte ein Forscherteam um Christopher Monroe von der University of Maryland in College Park nun einen anderen Ansatz: Sie nutzen ein einfaches Quantensystem aus drei Ionen, um das vorhin erwähnte Spintrio zu imitieren und auf diese Weise zu untersuchen [1].
Maßgeblich für ihr Experiment war es, die eingesetzten Teilchen präzise kontrollieren zu können. Also fingen die Forscher ihre drei Ytterbiumionen in einer elektromagnetischen Falle inmitten einer Vakuumkammer ein und reihten sie nebeneinander auf – wie Perlen auf einer Schnur. Für die Spins der Atome gibt es acht mögliche Ausrichtungsvarianten: alle nach oben, alle nach unten und sechs Mischzustände.
Mit zwei überkreuzten Laserstrahlen manipulierten die Wissenschaftler die Atome, drehten deren Spin um und änderten deren Bewegung. Indem sie die Stärke und Zeitdauer der Laserstrahlen variierten, konnten sie jedes der acht Spinmuster auf Wunsch erzeugen und auf diese Weise drei interagierende Spins an den Eckpunkten eines Dreiecks nachahmen.
Außerdem maßen Monroe und seine Kollegen die Verteilung der verschiedenen Spinorientierungen und wiesen so nach, dass in ihrem frustrierten System ein quantenmechanisches Phänomen namens Verschränkung auftritt. Hierbei sind Eigenschaften von zwei oder mehreren Quantenobjekten untrennbar miteinander verbunden. Sobald der verschränkte Zustand bei einem Objekt gemessen wird, ist der Zustand des anderen augenblicklich festgelegt – egal wie weit diese voneinander entfernt sind.
Im Fall der drei untersuchten Ionen handelt es sich bei dieser Eigenschaft um den Spin. Das frustrierte System besitzt sechs verschiedene Spinkonstellationen mit derselben Energie, und laut der Quantentheorie können alle hierbei möglichen Zustände in einer Superposition, also gleichzeitig, vorliegen. In diesem Fall treten Korrelationen zwischen den einzelnen Spins auf – verschiedene Grundzustände sind demnach miteinander verschränkt.
Während die Verschränkung von zwei Quantenobjekten bereits gut erforscht sei, etwa an Photonen oder Atomen, seien drei oder mehr verschränkte Objekte bisher nur teilweise verstanden, so die Autoren. Frustration böte vielleicht einen geeigneten Zugang.
"Am spannendsten ist aber, dass wir mit nahezu der gleichen Apparatur auch viel mehr Spins – vielleicht 100 oder mehr – präzise kontrollieren könnten", erklärt Monroe. Mit einem solchen Quantensimulator ließen sich dann Vielteilchenzustände imitieren, die bislang auf keinem herkömmlichen Computer modelliert werden können, und frustrierte Quantensysteme würden somit deutlich besser handhabbar. Womöglich schon in den nächsten Jahren, hoffen Monroe und sein Team.
Dann erfahren Wissenschaftler vielleicht mehr darüber, wie Hochtemperatur-Supraleiter funktionieren und Kristalle durch Selbstorganisation entstehen, decken weitere Quantenphänomene auf oder entwickeln neuartige Materialien. Allerdings stehen noch einige Hürden im Weg, schreibt Hartmut Häffner von der University of Berkeley in Kalifornien in einem begleitenden Artikel [2].
Denn bei vielen Quantenobjekten wird eine präzise Kontrolle zunehmend schwerer. Zudem könnten Dekohärenzeffekte auftreten, wodurch die Superpostion der verschiedenen Zustände gestört würde. Jedoch scheine keines der Hindernisse unüberwindbar.
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