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Infektionskrankheiten: FSME-Erreger in Rohmilch

Schafe
In sehr seltenen Fällen kann eine FSME-Infektion über Rohmilchprodukte von Ziegen oder Schafen erfolgen, in Ausnahmefällen auch über Kühe. Dieser Infektionsweg wurde unter anderem für Länder des Baltikums bereits beschrieben und durch neue Analysen bestätigt: Laut Ärztezeitung soll in Lettland bei fast 3700 FSME-Erkrankungen von 1997 bis 2003 bei über fünf Prozent der Kinder und über drei Prozent der Erwachsenen die Ansteckung über Nahrungsmittel erfolgt sein.

Eine Untersuchung in Südwestdeutschland, wo FSME endemisch auftritt, hatte 1998 die Erreger ebenfalls in Rohmilch gefunden, der Genuss von Rohmilchprodukten erwies sich aber nicht als Risikofaktor für eine Infektion [1]. So könne dieser Infektionsweg hierzulande nicht ausgeschlossen werden, sei aus epidemiologischer Sicht aber wohl vernachlässigbar, schlossen die Forscher um Friedrich Hofmann vom Universitätsklinikum Freiburg damals.

Auch das Robert-Koch-Institut in Berlin und das Nationale Referenzlabor für durch Zecken übertragene Krankheiten in Jena stufen die Gefahr dieser so genannten alimentären FSME eher gering ein: "Die in der Slowakei, Litauen, Lettland, Polen, Russland und Albanien erkennbare Entwicklung, dass virusverseuchte Milch häufiger als früher zur alimentären FSME des Menschen führt, ist in den letzten Jahrzehnten in Deutschland nicht relevant gewesen", erklärt das Nationale Referenzlabor. Die Zunahme der Fälle dort gehe auf die Veränderungen in den landwirtschaftlichen Produktionsformen nach den politischen Umgestaltungen zurück.

In Deutschland wurden im Jahr 2006 insgesamt 546 FSME-Erkrankungen gemeldet, 114 mehr als im Vorjahr. Bei etwa einem Drittel der Infizierten verläuft die Krankheit schwer: Nach dem ersten Krankheitsstadium mit grippeähnlichen Symptomen kommt es nach einigen fieberfreien Tagen zu Entzündungen der Hirnhaut, des Gehirns und Nerven. In zehn Prozent dieser Fälle bleiben langfristige neurologische Schäden.

Die steigenden Zahlen könnten Folge zunehmender Freizeitaktivitäten sein, aber auch eines erhöhten Bewusstseins der behandelnden Ärzte wie Betroffenen. Zudem schwanken die Zahlen der Zecken in Abhängigkeit von Nagetieren – ihren Reservoirs – und den klimatischen Bedingungen: Als Risikogebiete in Deutschland gelten derzeit vor allem Baden-Württemberg und Bayern sowie verschiedene Regionen von Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. In diesen Endemiegebieten tragen etwa 0,1 bis 5 Prozent der Zecken das Virus. Wirksamster Schutz vor einer Infektion bietet eine Impfung. Eine starke Nachfrage dieses Jahr hatte allerdings zu einer immer noch bestehenden Impfstoffknappheit geführt.

Rohmilch wird nur gekühlt und filtriert, jedoch nicht wärmebehandelt oder homogenisiert. Sie darf direkt ab Hof verkauft werden, oder gelangt unter der Bezeichnung "Vorzugsmilch" in den Handel. Sie sollte vor dem Trinken abgekocht werden, um noch gegebenfalls enthaltene Keime wie darmpathogene Escherichia coli, Listerien oder Campylobacter jejuni abzutöten. Für Letzteren wurden allein in den ersten drei Monaten von 2007 über 11 000 Fälle gemeldet, die auf infizierte Lebensmittel zurückgingen. (af)

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