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Astrometriemission: Ende der Gaia-Beobachtungen: ESA ruft zu Amateurmessungen auf

Zum Ende des elfjährigen Flugs des Astrometriesatelliten Gaia im Januar 2025 bittet die ESA um Mithilfe bei der Verfolgung am Himmel.
Gaia-Satellit (Illustration)

Mitte Januar 2025 wird nach mehr als zehn Jahren Dauerbetrieb im Weltraum das Steuergas zur Lageregelung des Astrometriesatelliten Gaia aufgebraucht sein. Das bedeutet zwar das Ende dieser überaus ertragreichen Mission, allerdings noch nicht das Ende des Gaia-Projekts. Danach haben die beteiligten Wissenschaftler und Ingenieure noch fünf Jahre harter Arbeit vor sich, um die Daten aufzubereiten und den Astronomen der Welt zur Verfügung zu stellen. Bevor Gaia abgeschaltet wird, will die Europäische Weltraumorganisation ESA mit dem Raumfahrzeug noch einige technische Tests und Experimente durchführen. Sie können nicht während des Messbetriebs ablaufen, teils weil sie die Temperaturverteilung an Bord für viele Wochen stören würden, teils weil sie sogar die Gefahr von dauerhaften Beschädigungen mit sich bringen. Sie verfolgen zweierlei Zwecke: Einige sollen zu einem besseren Verständnis bestimmter Störeffekte bei Gaia selbst beitragen, andere sollen generelle raumfahrttechnische Informationen sammeln, die später anderen Missionen zugutekommen können.

Beim Aufklappen | Der mehr als zehn Meter große Sonnenschirm des Weltraumobservatoriums Gaia ist hier während eines Probelaufs des Ausfaltvorgangs in der Montagehalle zu sehen. Hier ist die goldfarbene, im Betrieb zur Sonne und Erde gerichtete Unterseite gut erkennbar. Sie war die ganze Zeit den harschen ­Bedingungen des Weltraums aus­gesetzt, mit Ultraviolettstrahlung, Mikro­meteo­riten und den energiereichen Teil­chen der kosmischen Strahlung. Ihre einstmals goldglänzende Oberfläche ist dadurch vermutlich mattiert, nachgedunkelt und verfärbt worden.

Zu der zweiten Gruppe gehört die detaillierte Ausmessung der optischen Eigenschaften der Isolationsschicht auf dem fast elf Meter großen Sonnenschirm von Gaia. Diese Veränderungen sollen nun ausgemessen werden, wenn im Rahmen der Tests der Winkel zwischen der Ebene des Sonnenschirms und der Richtung zur Sonne und damit zur Erde von den bisherigen 45 Grad über einen Zeitraum von drei Wochen in mehreren Schritten auf bis zu 90 Grad erhöht und wieder vermindert werden soll. Bei 90 Grad zeigt der Schirm mit seiner vollen Fläche zur Sonne, die direkt spiegelnde Reflexion des Sonnenlichts geht dann fast genau in Richtung zur Erde statt wie bisher im rechten Winkel von der Erde weg. Dadurch wird Gaia um rund sechs Größenklassen heller leuchten als bisher. Der Satellit wird 14 mag erreichen und ist damit für Helligkeits- und Farbmessungen durch Amateurbeobachter gut erreichbar. Insbesondere die Beobachter von veränderlichen Sternen sind deshalb aufgerufen, in diesem Zeitraum die ESA zu unterstützen. Sie können eine dichtere zeitliche Abdeckung und eine größere Vielfalt an Wellenlängenbändern beitragen als die drei involvierten Profisternwarten allein.

Gaia von der Erde aus gesehen | Am 26. September 2016 wurde das Liverpool-Teleskop auf dem Roque des los Muchachos (La Palma) auf den Astrometriesatelliten Gaia gerichtet, der zu dieser Zeit mit seiner regulären Helligkeit um 21 mag leuchtete. Die Punktlinie geht auf mehrere Einzelaufnahmen zurück.

Und es ist eine gute Gelegenheit, sich von Gaia sozusagen zum Abschied zuwinken zu lassen, bevor das Observatorium dann sanft in eine Umlaufbahn um die Sonne in die Weiten des interplanetaren Raums entlassen wird. Die genaue Position von Gaia am Himmel für beliebige Zeitpunkte und für viele Orte der Erdoberfläche ist schon seit Missionsbeginn laufend auf der Webseite suw.link/2412-Gaia2 verfügbar. Ein genauer Zeitplan für die Abschlussexperimente ist bereits jetzt auf der Webseite suw.link/2412-Gaia1 einsehbar. Eventuelle Änderungen des Plans werden dort bis Februar 2025 jederzeit tagesaktuell eingebracht.

  • Quellen
Ulrich Bastian war von 1992 bis 2017 einer der führenden Köpfe des Gaia-Projekts. Martin Altmann arbeitet seit 2007 an der hochpräzisen Bahnbestimmung und an der täglichen Überwachung der wissenschaftlichen und technischen Qualität der Rohdaten von Gaia. Beide gehören dem Astronomischen Rechen-Institut im Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg an.

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