Galaxien: Galaktische Winde: Eine Brutstätte für junge Sterne?
Einer Gruppe von europäischen Astronomen ist mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO in Chile ein sensationeller Fund geglückt: Erstmals konnten die Forscher die Entstehung von Sternen im Materiewind eines aktiven Galaxienkerns nachweisen. Über diese Möglichkeit wurde bereits seit einiger Zeit spekuliert, und frühere Beobachtungen hatten gezeigt, dass die physikalischen Bedingungen wie hohe Gasdichten in vielen Galaxienwinden durchaus gegeben sind. Die Entdeckung der Wissenschaftler, veröffentlicht in der Fachzeitschrift "Nature", bestätigt nun diese Überlegungen.
Die meisten Galaxien beherbergen in ihrem Zentrum ein gewaltiges Schwarzes Loch, das oft mehrere Millionen oder Milliarden Sonnenmassen schwer ist. Befindet sich außerdem viel Gas in der Kernregion einer Sterneninsel, wird dieses teilweise durch das Schwarze Loch geschluckt. Die dabei frei werdenden Energiemengen heizen die restliche Materie auf und schleudern sie in starken Galaxienwinden ins All hinaus. "Astronomen gehen bereits seit einer Weile davon aus, dass die Bedingungen in diesen Winden für Sternentstehung geeignet sein könnten. Allerdings konnte es bisher niemand tatsächlich nachweisen, da solche Beobachtungen sehr schwierig sind", erklärt Roberto Maiolino von der University of Cambridge.
Zusammen mit seinen Kollegen gelang ihm nun die Entdeckung. Hierfür richtete die Gruppe das VLT auf zwei Galaxien, die rund 600 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt sind und gerade miteinander verschmelzen. Aus dem Herzen der südlicheren Sterneninsel tritt dabei ein riesiger Materiewind aus. Auf Grund der großen Entfernung des Systems lassen sich die Sterne jedoch nicht als Einzelobjekte auflösen, weshalb die Astronomen auf indirekte Methoden zurückgreifen mussten: So analysierten sie mit den Spektrografen MUSE und X-shooter das Licht, das die Gaswolken in dieser Region abstrahlen. Dabei stießen sie auf charakteristische Sequenzen in den Spektren, die auf Sterne in den Winden hindeuten, welche vermutlich nur wenige Millionen Jahre alt sind. Verglichen mit Sternen in einer weniger extremen Umgebung, wie der galaktischen Scheibe, erscheinen sie außerdem heißer und heller. Und die meisten von ihnen bewegen sich nach Berechnungen der Wissenschaftler mit hohen Geschwindigkeiten vom Galaxienkern weg – wie es in einem Materiewind der Fall sein sollte.
All dies deutet darauf hin, dass in Galaxienwinden Sternentstehung stattfinden kann, so die Astronomen. "Die Sterne, die im Wind in der Nähe des Galaxienzentrums entstehen, könnten durch dessen Anziehungskraft langsamer werden und sogar wieder nach innen wandern. Die Sterne, die weiter außen im Wind entstehen, werden allerdings weniger abgebremst und können die Galaxie sogar ganz verlassen", folgert Helen Russell vom Institute of Astronomy in Cambridge. Die Entdeckung hilft also nicht nur, unser Verständnis der Entstehung und Entwicklung von Galaxien zu verbessern; sie liefert auch entscheidende Hinweise darauf, wie der intergalaktische Raum mit schweren Elementen angereichert wird; schließlich werden viele der hinausgeschleuderten Sterne in Supernovae explodieren.
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