Direkt zum Inhalt

News: Galaktisches Aufstoßen

Seit langem vermuten Astronomen in der Mitte der Milchstraße ein superschweres Schwarzes Loch, das sich die Materie in seiner Umgebung einverleibt. Nun erwischten Wissenschaftler das gefräßige Objekt dabei, wie es ein Bäuerchen machte. Denn die Röntgenemission in der verdächtigen Region stieg für eine kurze Zeit stark an und offenbarte somit den Standort des Schlundes.
Nahezu alle Galaxien besitzen in ihrem Zentrum ein Schwarzes Loch, und auch unsere Milchstraße zeigt in ihrer Mitte charakteristische Anzeichen für ein derartiges Objekt. So deutet die Bewegung der Sterne in der Nähe des Zentrums auf die unvorstellbare große Masse hin, die 2,6 Millionen Mal der unserer Sonne entspricht. Nur ein Schwarzes Loch vermag eine derartig große Masse auf kleinen Raum zu ballen. Weiterhin existiert just in der gleichen Region eine Radioquelle, Sagittarius A*, deren Emission durchaus zu der Strahlung passen könnte, die Gas und Materie aussenden, wenn sie auf einer Spiralbahn in ein Schwarzes Loch gesogen werden. Was bislang fehlte, war ein deutliches Zeichen im Röntgenbereich.

Zwar konnten Frederick Banganoff vom Massachusetts Institute of Technology und seine Kollegen schon 1999 mit dem Weltraumteleskop Chandra in der fraglichen Region Röntgensignale entdecken. Richtig überzeugen konnten diese Messungen jedoch nicht, da die Intensität der Signale unterhalb dessen lag, was Astrophysiker für ein derartig schwergewichtiges Exemplar erwarten würden.

Aber manchmal bedarf es nur eines zweiten Blicks, und so konnten nun Banganoff und seine Mitarbeiter ein wesentlich deutlicheres Signal beobachten – einen Röntgenausbruch. Dabei handelt es sich um den letzten Aufschrei von Materie, die gerade im galaktischen Schlund verschwindet. Denn der Sturz in den Strudel setzt innerhalb kurzer Zeit die potenzielle Energie der Teilchen frei. So stieg denn auch innerhalb weniger Minuten die Intensität der Röntgenstrahlung auf das 45fache des sonst üblichen Werts an, um fast drei Stunden später in ebenso kurzer Zeit wieder auf das normale Niveau zu fallen.

"Das ist äußerst spannend, weil wir hier zum ersten Mal in unserer Nachbarschaft sehen konnten, wie ein superschweres Schwarzes Loch eine Ladung Materie verschlingt", berichtet Baganoff. Dabei entsprach die verschluckte Masse offenbar der eines Kometen oder Asteroiden. Andererseits, so räumen die Astronomen ein, könnten auch sich wieder verbindende Magnetfeldlinien am Rande des Schwarzen Lochs den plötzlichen Ausbruch verursacht haben. Ähnliches passiert auf der Sonne recht häufig und löst dort die markanten Sonneneruptionen aus. Was auch immer genau passiert ist, jedenfalls hat die Schockwelle Elektronen in der Nähe des Lochs auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, was letztlich zur Emission der beobachteten Röntgenstrahlung geführt hat. Die schnellen Elektronen ließen sich schließlich auch im Bereich von Radiowellen nachweisen.

Die Forscher bemerkten außerdem, dass die Phase maximaler Intensität von regelmäßigen Schwankungen unterbrochen war. So sank die Intensität wiederholt innerhalb von zehn Minuten um den Faktor fünf, um dann in derselben Zeit wieder auf den ursprünglichen Wert zu steigen. Aus dieser Frequenz konnten die Wissenschaftler ableiten, wo sich das Material befand: "Die schnelle Änderung der Röntgenintensität zeigt, dass wir Material beobachten, das genauso weit vom Schwarzen Loch entfernt ist, wie die Erde von der Sonne", erklärt Gordon Garmire von der Pennsylvania State University. "Damit kam dieses Signal aus einer Region, die sich näher an dem Ereignishorizont unseres superschweren Schwarzen Lochs befand, als alles, was wir vorher empfangen hatten."

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.