Frühes Universum: Galaxien aus der Urzeit
Der Blick des Weltraumteleskops Hubble richtete sich ein zweites Mal auf eine scheinbar dunkle Region am Himmel. Bereits im Jahr 2004 hatte Hubble nächtelang ein und dieselbe Himmelsregion im Visuellen beobachtet, die später als Hubble Ultra Deep Field (HUDF), in die Geschichte der Astronomie einging. Da durch die Auswahl der Region im südlichen Sternbild Chemischer Ofen (Fornax) keine hellen Vordergrundquellen störten, ließen sich so tausende sehr weit entfernter und deshalb lichtschwacher Galaxien abbilden.
Das mit der neuen Weitwinkelkamera WFC3 im Infraroten aufgenommene Bild gibt einen noch tieferen Einblick ins Universum, da das Licht weit entfernter Galaxien durch die Expansion des Universums rotverschoben erscheint. Die von jungen Sternen in den frühen Galaxien abgestrahlten ultravioletten und optischen Wellenpakete werden dadurch langgezogen und in den infraroten Bereich des Spektrums verschoben. Infrarotlicht ist für das menschliche Auge unsichtbar. Seine Wellenlängen sind doppelt so lang wie diejenigen des visuellen Lichts.
Hubble nahm nun das Ultra Deep Field, nach seiner ersten Studie von vor fünf Jahren noch einmal unter die Lupe und schoss zuvor ungesehene hochempfindliche Infrarotbilder mit der Weitwinkelkamera WFC3. Diese installierten Astronauten bei der letzten Wartungsmission von Hubble im Mai 2009.
Im August 2009 beobachtete Hubble den Himmelsausschnitt ganze vier Tage lang mit einer Belichtungszeit von mehr als 48 Stunden. Die im Bild dargestellten Farben stehen für verschiedene Wellenlängen im Infraroten, dabei entsprechen blaue Farben kürzeren und rote längerwelligen Infrarotbändern. Die schwächsten Objekte im Bild sind rund eine Milliarde Mal lichtschwächer, als die mit dem bloßen Auge sichtbaren lichtschwächsten Objekte am Nachthimmel.
Gleich mehrere Teams stürzten sich auf die neuen Daten und machten sich eifrig auf die Suche, um die am weitesten entfernten Galaxien aufzuspüren. Dazu verglichen sie die Leuchtkraft der Galaxien in verschiedenen optischen und infraroten Filtern mit simulierten Spektren von rotverschobenen Galaxien. Dabei mussten die Astronomen sicherstellen, nahe Himmelsobjekte, die ein ähnliches Spektrum aufweisen können, wie massearme Sterne in unserem Milchstraßensystem oder kurzzeitig sichtbare Objekte wie Supernovae, auszuschließen.
Nur drei Monate nach den spektakulären Beobachtungen erschienen mehrere wissenschaftliche Untersuchungen, welche die Entdeckung einer ganzen Handvoll von extrem weit entfernten Galaxien bekanntgaben.
Demnach handelt es sich bei den lichtschwächsten und rötlichen Objekten im Bild um Galaxien, die bereits 600 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden sind. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Universum nur rund fünf Prozent seines jetzigen Alters. Niemals zuvor gelang es, so weit in der Zeit zurückzuschauen und Galaxien in so frühen Stadien zu beobachten. Die tiefen Aufnahmen geben Einblicke in Entwicklungsphasen von Galaxien zu einer Zeit, in der sie gerade erst entstanden sind.
Gleichzeitig geben die Daten den Wissenschaftlern aber auch neue Rätsel auf. Vorherige Beobachtungen zeigten, dass das Gas zwischen den Galaxien im jungen Universum ionisiert ist. Die neuen Analysen ergeben jedoch, dass die Strahlungsleistung der neu entdeckten Galaxien nicht ausreichend war, um das sie umgebende intergalaktische Materie vollständig zu ionisieren.
Mit dem geplanten Nachfolger von Hubble, dem Infrarotteleskop James Webb, das voraussichtlich 2014 startet, planen die Astronomen weitere Untersuchungen des frühen Universums, um mehr über die Entstehung und Entwicklung der ersten Galaxien zu lernen.
Janine Fohlmeister
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