Weltraumteleskop: GALEX: Anzahl kleiner Sterne bis zu vierfach unterschätzt
Viele Galaxien bestehen aus deutlich mehr Sternen als bisher angenommen. So lautet das Ergebnis einer umfangreichen Untersuchung mit dem Weltraumteleskop "Galaxy Evolution Explorer" (GALEX) der NASA. Aktuelle Hochrechnungen von Sterndichten basieren demnach auf zu stark vereinfachten Annahmen.
Da die meisten Sterne in entfernten Galaxien sich auch mit den besten Teleskopen nicht einzeln erkennen lassen, beruhen alle Angaben zu ihrer Anzahl seit den 1950er Jahren auf einer Hochrechnung, die sich "Ursprüngliche Massenfunktion" nennt. Sie geht auf die Annahme zurück, dass Sterne stets in einem bestimmten Verhältnis von Größe zu Anzahl entstehen zum Beispiel für jeden Stern mit 20 Sonnenmassen rund 500 Sterne der Masse unserer Sonne oder weniger.
Um nun die Gesamtmenge von Sternen in einer Galaxie abzuschätzen, bestimmen Astronomen lediglich die Anzahl der Riesensterne von mehr als 20 Sonnenmassen. Dies ist recht einfach anhand des Lichtspektrums der Galaxie möglich, da die Blauen Riesen mit ihrer energiereichen Ultraviolett- und Röntgenstrahlung den interstellaren Wasserstoff zum Leuchten mit der charakteristischen H-Alpha-Frequenz anregen je heller dieses Leuchten, desto mehr Blaue Riesen. Aus dieser Zahl schließen die Wissenschaftler dann anhand der Massenfunktion auf die Population der kleineren Sterne.
Mit Hilfe des seit 2003 im All befindlichen Ultraviolett-Weltraumteleskops GALEX bestimmte ein internationales Team von Forschern nun direkt die Anzahl mittelgroßer Sterne in zahlreichen Galaxien und verglich das Ergebnis mit den Werten nach Massenfunktion. Sterne von mehr als drei Sonnenmassen leuchten am stärksten bei ultravioletten Wellenlängen. Ihre Zahl lässt sich daher gut aus der UV-Helligkeit einer Galaxie ableiten.
Dabei stellten die Forscher fest, dass das Verhältnis von Blauen Riesen zu kleineren Sternen nicht so unveränderlich ist wie vermutet. Tatsächlich scheint die angenommene Funktion vornehmlich für kompakte Sternhaufen zu gelten, deren hunderte von Sternen einst fast gleichzeitig aus einer Gaswolke mit hoher Dichte entstanden. Diese Form von Sternhaufen kommt in der Milchstraße sehr häufig vor und wurde daher zur Grundlage der Massenfunktion.
In ausgedehnten Sternenstehungsgebieten, wo die ursprünglichen Gaswolken nur langsam unter ihrer eigenen Schwerkraft zu Sternen kollabierten, existieren deutlich weniger Blaue Riesen. Da die entstehenden Sterne dort langsamer Gas ansammeln, bekommen sie nach Ansicht der Wissenschaftler keine Chance, eine große Masse zu entwickeln, bevor ihre Kernfusion zündet und ihr Sternwind weiteres Material hinwegbläst.
Aus ihren Messungen schließen die Forscher, dass die Zahl masseärmerer Sterne in Galaxien mit niedriger Materiedichte bis zu vier Mal höher liegen könnte, als bisher angenommen. Weitere Messungen in den kommenden Jahren müssen dies nun bestätigen.
Ralf Strobel
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