News: Ganz der Vater
Doch die Natur weiß sich in solchen Lagen oft zu helfen, wie Christian Pichot vom Institut National de la Recherche Agronomique in Avignon und seine Kollegen jetzt herausfanden. Sie untersuchten den Fortpflanzungszyklus von C. dupreziana und entdeckten dabei Außergewöhnliches: Die Pollen, die nur einen einfachen – haploiden – Chromosomensatz haben sollten, waren stattdessen diploid – sie wiesen zwei Exemplare jedes Chromosoms auf. Normalerweise entsteht aus der Verschmelzung des haploiden männlichen Pollens mit der ebenfalls haploiden weiblichen Eizelle der diploide Embryo, der dann in der Samenanlage heranwächst.
Die Wissenschaftler hatten daher den Verdacht, dass die Zypresse sich ungeschlechtlich vermehrt. Diese als Apomixis bezeichnete ungeschlechtliche Samenproduktion ist bei Bedecktsamern nicht ungewöhnlich, allerdings entwickelt sich hier der Embryo in der weiblichen Samenanlage aus einer unbefruchteten Eizelle. Bei Gymnospermen oder Nacktsamern, zu denen die Zypressen gehören, war Apomixis den Wissenschaftlern bisher unbekannt – von einer "väterlichen" Apomixis ganz zu schweigen.
Der Verdacht bestätigte sich, als die Forscher das weitere Schicksal des diploiden Pollens verfolgten: Sie fanden ihn auf der Samenanlage der verwandten Art Cupressus sempervirens. Diese Zypressenart kommt im Gegensatz zu C. dupreziana häufig im Mittelmeerraum vor. Durch die Analyse morphologischer und cytologischer Merkmale, wie beispielsweise des spezifischen Enzymmusters, konnten die Wissenschaftler ausschließen, dass sich C. duprienza mit C. sempervirens einfach nur kreuzt. Vielmehr landet der Pollen von C. duprienza quasi als Kuckucksei bei C. sempervirens, die ihn als Pflegemutter ernährt und hochpäppelt.
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