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Spezialnahrung: Ganz schön salzig

Natrium zum Beispiel kommt in natürlichen Lebensmitteln nur in geringen Mengen vor. Es ist für den Transport von Nährstoffen im Körper von entscheidender Bedeutung. Um genug Salz zu sich zu nehmen, entwickelten unsere Vorfahren eine große Vorliebe für den salzigen Geschmack. Laut dem englischsprachigen Ratgeber "Vital News", besitzen auch wir, Jahrhunderte später, diese genetisch bedingte Neigung. Im Gegensatz zur Nahrung unserer Vorfahren ist in den heutigen Nahrungsmitteln Salz im Überfluss enthalten. Ob in Butter, Käse oder Fleisch, überall wird Salz zugegeben. Nach Angaben des deutschen Instituts für Ernährung in Potsdam nehmen wir im Durchschnitt täglich acht Gramm Salz zu uns.

Seit Jahrzehnten warnen Mediziner weltweit vor übermäßigem Salzkonsum. Zu viel Salz erzeugt Bluthochdruck, lautet die Theorie. Denn Salz bindet Wasser. Wenn sich der Natrium-Chlorid-Gehalt (Kochsalz-Gehalt) erhöht, sammelt sich demnach mehr Wasser in unserem Körper an. Ein höheres Volumen übt einen höheren Druck auf die Gefäße aus – der Blutdruck steigt. Dr. Martina Heer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt vertritt jedoch die Meinung, dass übermäßiger Salzkonsum lange nicht bei allen Menschen zu Blutdruckanstieg führt: "Der Anstieg des Blutdrucks ist nur bei Menschen zu beobachten, die auf Grund einer genetischen Veränderung salzsensitiv reagieren." Bei salzsensitiven Menschen, sagt die Forscherin, fehle offensichtlich der körpereigene Salzspeicher.

Wie Sand am Meer | Pro Tag nimmt jeder Deutsche durchschnittlich 8 Gramm Salz zu sich.
Auch Professor Jürgen Schrezenmeir von der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in Kiel teilt diese Meinung. "Ob sich ein verminderter Salzkonsum auf den Blutdruck auswirkt, ist von Fall zu Fall verschieden. Nur salzsensitive Personen reagieren auf eine Einschränkung der Kochsalzzufuhr mit einer Senkung des Blutdrucks. Bei allen anderen verändert die Salzrestriktion nichts", erklärt Schrezenmeir. Laut Schätzungen des Vereins deutsche Salzindustrie sind nur vierzig Prozent aller Bluthochdruckpatienten salzsensitiv. Ursache für die Salzsensitivität könnte eine Variante des Gens a-Adducin sein.

Paradebeispiel Lactose

Die von den beiden Wissenschaftlern vertretenen Ansichten stammen aus der Nutrigenomik, eine noch junge Wissenschaft, welche das Zusammenspiel zwischen Genen und Ernährung untersucht. Ihr Paradebeispiel ist die Lactose. Dank der Nutrigenomik wissen wir heute, dass die Lactoseintoleranz, welche unter anderem im asiatischen Raum weit verbreitet ist, auf den Allelvarianten des Lactase-Gens beruht.

Eine dieser Variationen führt zum Verlust der Genexpression des milchzuckerspaltenden Enzyms Lactase im Erwachsenenalter. Auf Grund dieser genetischen Abweichung löst der Verzehr bei vielen Menschen Übelkeit und Durchfall aus. Um trotzdem Milchprodukte essen zu können, greifen die Betroffenen zu Käse oder Joghurt. Bei der Weiterverarbeitung wird die Lactose von Milchsäurebakterien zersetzt, und ist so verträglicher.

Iss, wonach dein Gen begehrt!

Das genauere Verständnis der Zusammenhänge zwischen Nahrung und Genen könnte eines Tages die Grundlage einer maßgeschneiderten Ernährungsberatung sein. Nach Analysen des Speichels könnten individuelle Ernährungsempfehlungen angeordnet werden. Entsprechende Angebote werden bereits von einigen Firmen, zum Beispiel der US-Firma Sciona, über das Internet verbreitet. Schrezenmeir gibt jedoch zu bedenken: "Ist durch die Grundlage eines Genomtests bekannt, dass eine bestimmte genetische Konstellation vorliegt, kann zu einer abgestimmten Ernährungsweise geraten werden. Für eine ernsthafte Ernährungsempfehlung ist der aktuelle Stand der Technik aber noch nicht weit genug."

Ein besseres Verständnis der komplexen Zusammenhänge von individuellen Erbanlagen und Ernährung machen es heute zwar schon teilweise möglich, den Effekt bestimmter Nahrungsbestandteile auf die Gesundheit zu erklären, "doch Ernährungsempfehlungen", so der Forscher, "sollten nicht nur auf Grund des Genotyps gegeben werden. Um eine ernsthafte Empfehlung aussprechen zu können, werden körperliche Parameter wie Größe und Gewicht, Blutwerte, persönliche Fitness oder die Einnahme von Medikamenten nie an Relevanz verlieren."

Christian Schumacher


Dieser Beitrag ist Teil eines Projektes der Studenten des 3. und 5. Semester Wissenschaftsjournalismus der Hochschule Darmstadt zum Thema "Ernährung":
Das große Fressen

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