Nobelpreise 2008: Gebrochene Symmetrie
Der Physik-Nobelpreis ehrt in diesem Jahr Yoichiro Nambu, Makoto Kobayashi und Toshihide Maskawa für ihre Arbeiten zur spontanen Symmetriebrechung in der Elementarteilchenphysik. Ihre Entdeckungen trugen entscheidend dazu bei, die Welt des Kleinsten zu verstehen.
Egal wie groß etwas ist, letztlich setzt es sich aus kleinsten Bausteinen zusammen. Das vermuteten bereits Forscher in der Antike. Die Gesetze, die in dieser mikroskopischen Welt herrschen, kamen aber erst in den vergangenen Jahrzehnten ans Licht – festgehalten im Standardmodell der Elementarteilchenphysik. Hierin werden alle bisher bekannten Partikel in verschiedenen Kategorien zusammengefasst sowie auch ihre Wechselwirkungen untereinander.
Dass es heute Galaxien, Sterne und Planeten gibt, verdanken wir also einem Bruch der vollkommenen Symmetrie. Auf diesen notwendigen Schönheitsfehler stießen Physiker erstmals Mitte des 20. Jahrhunderts: Sie waren schockiert, als sich in Theorie und Experiment zeigte, dass die schwache Wechselwirkung den gespiegelten Raum anscheinend anders behandelt. In den folgenden Jahren brachten die ersten Teilchenbeschleuniger neben bisher unbekannten oder nur hypothetischen Partikeln auch immer wieder neue Rätsel hervor.
Doppelter Bruch mit der Symmetrie
Zum Beispiel Anfang der 1960er Jahre, als so genannte Kaonen bei ihrem Zerfall in seltenen Fällen die Symmetrie gleich doppelt brachen: Die Partikel aus einem Quark sowie einem Antiquark verhielten sich nicht wie ihre Spiegelbilder aus Antimaterie. Zum Beispiel, wenn die unsteten Persönlichkeiten von Zeit zu Zeit ihre Identität wechseln – Quark wird zu Antiquark und Antiquark zu Quark. Aber auch wenn Kaonen und Antikaonen in andere Teilchen zerfallen, passiert das unter gewissen Umständen nicht auf identische Weise.
Erst im Jahr 1972 beschrieben Makoto Kobayashi vom japanischen Teilchenbeschleuniger KEK und Toshihide Maskawa von der Universität Kioto, was dabei vermutlich vor sich geht. Danach gehen die Quarks je nach Sorte zunächst in einen Mischzustand verschiedener Quarks über, bevor sie sich gänzlich umwandeln. Die beiden Physiker waren sogar in der Lage vorherzusagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Asymmetrie im Kaon-Zerfall auftritt. Um dies zu ermöglichen, mussten sie allerdings weitere Quarks einführen: namentlich Charm, Bottom und Top.
In anderen Disziplinen der Physik war das Phänomen nämlich schon länger bekannt. Und so forschte auch Nambu zunächst an der Theorie der Supraleitung, wo spontane Symmetriebrechungen ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Sie beschreiben den Augenblick, in dem ein eigentlich in irgendeiner Weise symmetrisches System in den Zustand niedrigster Energie übergeht, der keine Symmetrien mehr aufweist. Verständlich wird dies etwa an einer Kugel, die auf dem höchsten Punkt eines Hügels liegt. In diesem Moment ist sie in einem absolut symmetrischen Zustand – alle Richtungen sind gleich.
Was verleiht uns Masse?
Rollt sie allerdings hinab und befindet sich am Boden – und damit im energetischen Grundzustand –, hat sie sich für eine bestimmte Richtung entschieden, und die Symmetrie ist gebrochen. Dieses Prinzip lässt sich unter anderem auch auf physikalische Felder anwenden – beispielsweise auf die der fundamentalen Wechselwirkungen. Noch heute finden sich Nambus mathematische Modelle deshalb überall im Standardmodell wieder.
Dabei wird momentan besonders auf ein bislang nur hypothetisches Feld geschaut: das so genannte Higgs-Feld. Zu Beginn von Raum und Zeit soll es noch perfekt symmetrisch gewesen sein – infolgedessen waren alle Teilchen masselos. Doch wie die Position der Kugel auf dem Hügel war dieser Zustand nicht stabil, und die Symmetrie verschwand mit dem Auskühlen des Universums. Seither tragen fast alle Elementarteilchen eine Masse mit sich herum.
Wie andere Felder hat auch das Higgs-Feld eine Art Repräsentanten – das Higgs-Teilchen oder etwas pathetischer das "Teilchen Gottes". Mit den im Large Hadron Collider am CERN erreichbaren Energiekonzentrationen haben Physiker gute Chancen, es erstmals aufzuspüren. Finden sie es, hätten sie das Standardmodell entscheidend untermauert. Und womöglich finden sie mit Hilfe des Beschleunigers sogar neue Hinweise darauf, was die Antimaterie kurz nach dem Urknall verschwinden ließ. Die bisher bekannten Symmetriebrüche reichen für eine plausible Erklärung jedenfalls noch nicht aus.
Die meisten Vorgänge in der Physik erfüllen gewisse Symmetrien gegenüber verschiedenen Operationen in Zeit und Raum. Zum Beispiel ist es gleich, ob man die Zeit umkehrt, den Raum an einem Punkt spiegelt oder die Teilchen gegen ihre Antiteilchen austauscht. Wäre die Natur jedoch tatsächlich in allen diesen Belangen immer perfekt gewesen, würde es uns nicht geben. Denn beim Urknall sollen Materie und Antimaterie in gleichen Mengen entstanden sein – und hätten sich gegenseitig auslöschen müssen.
Dass es heute Galaxien, Sterne und Planeten gibt, verdanken wir also einem Bruch der vollkommenen Symmetrie. Auf diesen notwendigen Schönheitsfehler stießen Physiker erstmals Mitte des 20. Jahrhunderts: Sie waren schockiert, als sich in Theorie und Experiment zeigte, dass die schwache Wechselwirkung den gespiegelten Raum anscheinend anders behandelt. In den folgenden Jahren brachten die ersten Teilchenbeschleuniger neben bisher unbekannten oder nur hypothetischen Partikeln auch immer wieder neue Rätsel hervor.
Doppelter Bruch mit der Symmetrie
Zum Beispiel Anfang der 1960er Jahre, als so genannte Kaonen bei ihrem Zerfall in seltenen Fällen die Symmetrie gleich doppelt brachen: Die Partikel aus einem Quark sowie einem Antiquark verhielten sich nicht wie ihre Spiegelbilder aus Antimaterie. Zum Beispiel, wenn die unsteten Persönlichkeiten von Zeit zu Zeit ihre Identität wechseln – Quark wird zu Antiquark und Antiquark zu Quark. Aber auch wenn Kaonen und Antikaonen in andere Teilchen zerfallen, passiert das unter gewissen Umständen nicht auf identische Weise.
Erst im Jahr 1972 beschrieben Makoto Kobayashi vom japanischen Teilchenbeschleuniger KEK und Toshihide Maskawa von der Universität Kioto, was dabei vermutlich vor sich geht. Danach gehen die Quarks je nach Sorte zunächst in einen Mischzustand verschiedener Quarks über, bevor sie sich gänzlich umwandeln. Die beiden Physiker waren sogar in der Lage vorherzusagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Asymmetrie im Kaon-Zerfall auftritt. Um dies zu ermöglichen, mussten sie allerdings weitere Quarks einführen: namentlich Charm, Bottom und Top.
1974, 1977 und 1994 wurden diese der Reihe nach tatsächlich im Experiment nachgewiesen. Und jedes Mal gehorchte die Symmetriebrechung genau dem Modell von Kobayashi und Maskawa, für das sie nun in Stockholm je ein Viertel des Physik-Nobelpreises erhielten. Als Urvater der spontanen Symmetriebrechung in diesem Fach gilt allerdings Yoichiro Nambu vom Enrico Fermi Institute, dem die Königlich Schwedische Akademie die restliche Hälfte zusprach. Er beschrieb sie bereits 1960 im Rahmen der Elementarteilchenphysik.
In anderen Disziplinen der Physik war das Phänomen nämlich schon länger bekannt. Und so forschte auch Nambu zunächst an der Theorie der Supraleitung, wo spontane Symmetriebrechungen ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Sie beschreiben den Augenblick, in dem ein eigentlich in irgendeiner Weise symmetrisches System in den Zustand niedrigster Energie übergeht, der keine Symmetrien mehr aufweist. Verständlich wird dies etwa an einer Kugel, die auf dem höchsten Punkt eines Hügels liegt. In diesem Moment ist sie in einem absolut symmetrischen Zustand – alle Richtungen sind gleich.
Was verleiht uns Masse?
Rollt sie allerdings hinab und befindet sich am Boden – und damit im energetischen Grundzustand –, hat sie sich für eine bestimmte Richtung entschieden, und die Symmetrie ist gebrochen. Dieses Prinzip lässt sich unter anderem auch auf physikalische Felder anwenden – beispielsweise auf die der fundamentalen Wechselwirkungen. Noch heute finden sich Nambus mathematische Modelle deshalb überall im Standardmodell wieder.
Dabei wird momentan besonders auf ein bislang nur hypothetisches Feld geschaut: das so genannte Higgs-Feld. Zu Beginn von Raum und Zeit soll es noch perfekt symmetrisch gewesen sein – infolgedessen waren alle Teilchen masselos. Doch wie die Position der Kugel auf dem Hügel war dieser Zustand nicht stabil, und die Symmetrie verschwand mit dem Auskühlen des Universums. Seither tragen fast alle Elementarteilchen eine Masse mit sich herum.
Wie andere Felder hat auch das Higgs-Feld eine Art Repräsentanten – das Higgs-Teilchen oder etwas pathetischer das "Teilchen Gottes". Mit den im Large Hadron Collider am CERN erreichbaren Energiekonzentrationen haben Physiker gute Chancen, es erstmals aufzuspüren. Finden sie es, hätten sie das Standardmodell entscheidend untermauert. Und womöglich finden sie mit Hilfe des Beschleunigers sogar neue Hinweise darauf, was die Antimaterie kurz nach dem Urknall verschwinden ließ. Die bisher bekannten Symmetriebrüche reichen für eine plausible Erklärung jedenfalls noch nicht aus.
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