Müllproblem im Orbit: Geckofinger sollen Weltraumschrott schnappen
Alle All-Experten wissen, dass Weltraumschrott ein großes Risiko für die erdnahe Raumfahrt darstellt. Besonders gefährlich sind dabei die derzeit rund 750 000 ein bis einige Zentimeter großen Brocken, die als Geschosse mit durchschnittlich 40 000 Kilometern pro Stunde im Orbit herumsausen und gefährden, was ihnen in die Bahn kommt: Gegen sie ist die Raumfahrt im Prinzip machtlos und baut im Wesentlichen auf Glück. Anders sieht das bei den rund 5000 metergroßen Objekten im Orbit aus – aktiven und ausrangierten Satelliten, ausgebrannten Raketenstufen und anderen Trümmern. Man kann sie beobachten und bei Bedarf umfliegen, wozu penible Bahnberechnungen durchgeführt werden, oder (die Sciencefiction-Variante) mit Laser-Bordwaffen abschießen oder mit Müllsammlern entfernen. Könnte dabei der Räumroboter-Prototyp mit Geckofingern helfen, den amerikanische Tüftler nach erfolgreichen Tests in »Science Robotics« vorstellen?
Die Raumfahrtgemeinschaft denkt seit geraumer Zeit über Aufräumaktionen im Orbit nach, ohne dabei bis heute recht voranzukommen. Das hat nicht nur politische, sondern auch technische Gründe: Großer Schrott im All lässt sich nicht ganz leicht entsorgen – was schon damit beginnt, dass man jeden Müllbrocken, den man geortet und angeflogen hat, auch packen und einsammeln muss (um sich dann zu überlegen, was nun eigentlich geschehen soll). Dabei kann einiges schiefgehen: Fangnetze, Harpunen oder grobmotorische Greifer etwa können den Müll mit einem ungewollten Rempler beim Andocken aus der Bahn katapultieren.
Die Geckofinger greifen im Vergleich sensibel und sanft zu, verspricht das Forscherteam: In ihren nun erfolgreich absolvierten Tests etwa bei Parabelflügel in Schwerelosigkeit schnappten sich verschiedene Greifer sowohl Wasserbälle (die leicht sind und deshalb auch leicht abprallen) als auch große und schwere Trümmer mit hohem Drehimpuls (die das Gewicht des Greifers deutlich übersteigen). Die Fangfinger federn beim Aufprall leicht, woraufhin dann die Gecko-Oberfläche eingeschaltet wird und zupackt: Sie besteht aus dünnen, auf beweglichen Keilen aufgetragenen Silikonpolymerfolien, die die Geckofußstruktur nachbilden und durch Van-der-Waals-Kräfte auf verschiedenen flexiblen Oberflächen haften, wenn sie gezielt aufgestellt werden.
Alternativen zum Geckogreifer der für die NASA aktiven US-Amerikaner gibt es durchaus – so arbeiten etwa auch das DLR und die TU Braunschweig an ähnlichen Greifinstrumenten, die Weltraumschrott fangen können sollen. Wann – und ob – sich das Prinzip auch einmal im echten Einsatz bewähren kann, steht bisher noch in den Sternen: Bis heute sind deutlich mehr Konzepte zur Orbitmüllabfuhr vorgestellt als verwirklicht worden.
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