Gedächtnislücken: Wie war noch mal Ihr Name?
Entschuldigung, ich kann mir Namen einfach nicht merken! Das behaupten wir gerne einmal, wenn uns der Name eines Gegenübers schon kurz nach dem Händeschütteln nicht mehr einfällt. Eine selektive Gedächtnisschwäche für Namen? Denkbar, aber tatsächlich tun wir uns eher mit Gesichtern schwer. Das jedenfalls legt eine kleine Reihe von Experimenten nahe, die britische Forscher im »Quarterly Journal of Experimental Psychology« darstellen.
Das Team um den Psychologen Mike Burton von der University of York hatte knapp 70 überwiegend weiblichen Studierenden Gesichter und Namen von jeweils 20 unbekannten Frauen und Männern auf einem Bildschirm präsentiert. In einer Variante des Experiments wurden die Gesichter und zugehörigen Namen gemeinsam dargeboten, in einer anderen Variante getrennt voneinander. Außerdem waren dieselben Gesichter im anschließenden Gedächtnistest teils auf anderen Fotos abgebildet und die Namen in einer anderen Schriftart und -größe geschrieben. Im Anschluss folgte ein Gedächtnistest: Die Hälfte der nun theoretisch bekannten Gesichter und Namen erschienen (getrennt voneinander) erneut auf dem Bildschirm, aber vermischt mit unbekannten Gesichtern und Namen. Wie viele bekannte Namen und Gesichter würden die Probandinnen und Probanden im Test wiedererkennen?
Die Forscher verzeichneten bei den Namen eine durchweg höhere Erfolgsquote. Zwischen 83 und 86 Prozent (bei unterschiedlicher Schrift), aber nur 64 bis 67 Prozent der Gesichter (bei verschiedenen Bildvarianten) wurden wiedererkannt, also fast 20 Prozentpunkte weniger. Bei identischem Bild und identischer Schrift war der Unterschied zwar jeweils kleiner, aber auch hier erkannten die Versuchspersonen die Namen besser wieder als die Gesichter. In einer weiteren Variante des Experiments überprüften Burton und seine Kollegen, ob sich das bessere Gedächtnis für Namen nur bei unbekannten Menschen zeigte, und tatsächlich: Bei prominenten Namen und Gesichtern erinnerten sich die Versuchspersonen gleichermaßen gut daran, diese in der Runde vorher schon gesehen zu haben.
Warum also glauben viele, sich mit Namen besonders schwerzutun? Die Autoren vermuten, dass sich die meisten Menschen Gesichter eigentlich noch schlechter merken können, dies aber im Alltag nicht so häufig wahrnehmen. Gehen wir auf der Straße an einer flüchtigen Bekanntschaft vorüber, ohne die Person zu erkennen, wüssten wir das oft gar nicht. Aus dem vorliegenden Experiment lässt sich allerdings auch nur bedingt auf die eingangs geschilderte Situation zurückschließen: Wenn einem ein Name nicht mehr einfällt, geht es nicht nur um passives Wiedererkennen, sondern um aktives Abrufen aus dem Gedächtnis – eine wesentlich schwierigere Aufgabe. Nur ist das auch nicht so leicht zu erforschen. Um nachzuweisen, dass jemand ein Gesicht nicht nur wiedererkennt, sondern es sich gezielt vor dem geistigen Auge vorstellen kann, müssten die Versuchspersonen herausragend zeichnen können.
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