Direkt zum Inhalt

News: Gefährliche Schwangerschaft

Nützlich oder schädlich - das hängt vom Standpunkt ab. Für die Arterhaltung ist eine Schwangerschaft natürlich gewollt und notwendig, für den Mutterorganismus stellt das werdende Leben jedoch einen fremden Eindringling dar, der mit allen Mitteln zu bekämpfen ist. Die Mutter muss also ihr eigenes Immunsystem bändigen, um das Kind zu retten. Bisher glaubten Wissenschaftler, dass nur die mütterlichen T-Zellen gefährlich sind. Neueste Untersuchungen zeigen jedoch, dass das Immunsystem mit seiner gesamten Kraft - einschließlich des so genannten Komplementsystems - gegen den Embryo vorgeht.
Unser Körper weiß sich zu wehren. Sobald sich ein fremder Eindringling hinein wagt, stürzen sich die Fresszellen des Blutes auf ihn und verschlingen ihn. Diese Makrophagen präsentieren wiederum Proteine des Fremdkörpers als Antigene auf ihrer Zelloberfläche. Das aktiviert die T-Zellen, welche die fremden Zellen erkennen und zerstören. Gleichzeitig produziert der Organismus spezifische Antikörper gegen die Eindringlinge. Die Antikörper vermitteln einen weiteren Schritt: die Bindung der so genannten Komplementproteine. Dabei handelt es sich um Proteine des Blutes, welche die Abwehrmechanismen des Körpers ergänzen. Ihre Bindung zerstört die Membran der fremden Zelle und damit letztendlich die Zelle selbst.

Der Körper weiß jedoch nicht von vornherein, ob der Fremde ein bakterieller Krankheitserreger oder das eigene Kind ist. Das mütterliche Immunsystem betrachtet den Embryo als Fremdkörper, da er auch Eigenschaften des Vaters geerbt hat. Eine ungehemmte Immunantwort wäre somit in der Schwangerschaft fatal. Die Arbeitsgruppe von Andrew Mellor vom Medical College of Georgia in Augusta entdeckte bereits 1998, wie die T-Zellen der Mutter am Angriff auf das Kind gehindert werden: Der Embryo produziert das Enzym Indolamin-2,3-dioxygenase (IDO), das die Aminosäure Tryptophan zerstört, welche die T-Zellen benötigen (Science vom 21. August 1998).

Die gleiche Arbeitsgruppe fand jetzt heraus, dass der Embryo nicht nur durch die mütterlichen T-Zellen gefährdet ist. Es gab bereits Hinweise, dass auch die Proteine des Komplementsystems das werdende Leben gefährden können. Dem gingen die Wissenschaftler genauer nach. Sie arbeiten mit Mäusen, denen die B-Zellen fehlen. Diese B-Zellen benötigt der Körper wiederum, um spezifische Antikörper zu produzieren. Dann blockierten die Forscher das Schutzenzym IDO gegen die T-Zellen. Zur Überraschung der Forscher zerstörten daraufhin Komplementproteine den Fötus, obwohl das Muttertier keine Antikörper bilden konnte (Nature Immunology vom Januar 2001).

"Das sagt uns, dass die T-Zellen irgendwie das Komplementsystem aktivieren, in Abweichung zur klassischen Immunologie", kommentiert Mellor seine Ergebnisse. "Wir wissen jetzt, dass die Natur des Angriffs etwas anders ist, als wir bisher glaubten", ergänzt er und führt weiter aus: "Wir haben jetzt eine Verbindung zwischen der Aktivierung der mütterlichen Immunantwort und – als Endpunkt – der Ausscheidung der Komplementproteine gefunden. Bisher nahm man an, dass es keine Verbindung zwischen T-Zellen und Komplementsystem gibt. Wir sollten vielleicht immer nach dem Komplementsystem schauen, wenn wir T-Zellen verdächtigen."

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.