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News: Gefährliche Vampire

Nach Kälte, Eis und Schnee verlocken die ersten warmen Sonnenstrahlen zu einem Spaziergang in Wald und Flur. Doch gleichzeitig mit dem Frühling beginnt die Hauptsaison der gefährlichen Quälgeister: Ausgehungerte Zecken lauern in Gräsern, Büschen und Sträuchern auf die lang ersehnte Blutmahlzeit. Wissenschaftler entdeckten nun, dass ein Protein im Zeckenspeichel bestimmte Abwehrzellen unseres Immunsystems lahmlegt.
Die zu den Spinnentieren (Arachnida) gehörende Zecke hat keine Augen, aber sie ist mit sehr gut ausgebildeten Geruchsorganen ausgestattet, mit denen sie ihre Opfer zum Blutsaugen aufspürt. Auf die nächste "Frischblutzufuhr" harrt der ausgewachsene Holzbock mitunter geduldig bis zu 21 Monaten aus. Mit bloßem Auge sind die im "nüchternen" Zustand nur stecknadelkopfgroßen Vampire kaum zu erkennen, vollgesogen blähen sich die unersättlichen Weibchen jedoch bis zu einem Zentimeter auf und wiegen schließlich fast 200 mal soviel.

Wenn die Zecke einen neuen "Blutspender" gefunden hat, bohrt sie ihren mit Widerhaken besetzten Stechrüssel bevorzugt in warme, gut durchblutete Körperteile. Dieses Sauginstrument faltet sich nach dem Einstich wie ein Regenschirm auf, um das Tier in der Haut zu verankern. Während des Saugvorgangs injiziert der ungebetene Gast ständig Speichel in die Stichwunde. Dieses Zeckensekret unterdrückt sowohl die Blutgerinnung als auch die Immunabwehr des Wirtes. Infolge der teilweise ausgeschalteten Immunantwort finden mit dem Speichel übertragene, gefährliche Krankheitserreger – wie das Borreliose-Bakterium Borrelia burgdorferi – erstklassige Lebensbedingungen vor. Angespornt von diesem Nebeneffekt eines an sich harmlosen Zeckenstiches, entdeckten Wissenschaftler schon vor längerer Zeit, dass der Speichel der Zeckenart Ixodes scapularis die Teilung von T-Zellen verhindert. T-Zellen haben eine "Patrouillen"-Funktion im Körper und entfernen Zellen, die nicht der Norm entsprechen. Bislang rätselhaft blieb jedoch der genaue Mechanismus, der diese "Schlüsselfiguren" im menschlichen Immunsystem außer Gefecht setzt.

Dean Gillespie und seine Kollegen von der Colorado State University enthüllten nun, mit welchen Tricks die winzigen Blutsauger arbeiten. Dazu vermischten sie deren Speichel mit Milzzellen, welche T-Zellen enthielten, und entdeckten folgendes: Der Speichel reagiert nicht auf direktem Wege mit den T-Zellen, um deren Vermehrung zu blockieren. Vielmehr bindet ein bestimmtes Protein im Zeckensekret Interleukin-2 (IL-2). Der Botenstoff IL-2 ist an der Zellkommunikation im Abwehrgeschehen beteiligt und regt das Wachstum von T-Zellen an. Doch er aktiviert noch weitere Immunzellen wie die Makrophagen (natürliche Killerzellen) und die antikörperproduzierenden B-Zellen. Vermutlich vermag das IL-2-bindende Protein der Zecke ebenfalls die Entwicklung und Funktion von Makrophagen und B-Zellen blockieren, doch dafür fehlen momentan noch die Beweise.

"Das IL-2 bindende Protein eröffnet neue medizinische Anwendungsmöglichkeiten", hebt Gillespie hervor, "beispielsweise könnte es als Impfstoff gegen Zecken und die von ihnen übertragenen Krankheiten eingesetzt werden". Aber bislang ist unklar, wie verbreitet das spezifische Protein unter den weltweit über 800 Zeckenarten ist. "Diese Art von Immununterdrückung wurde bislang für keinen anderen Organismus beschrieben", betont Jose Ribeiro vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases. Zecken existierten bereits lange vor den Säugetieren und hatten Millionen Jahre Zeit, um Mechanismen gegen die Verteidigungsstrategien ihrer Wirte auszuklügeln.

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