Gefahr im Untergrund: Bodenabsenkung betrifft immer mehr Menschen
Rund 200 Gebiete in 34 Ländern sind stark von einem Absinken des Bodens betroffen. Das geht aus einer Studie hervor, für die Gerardo Herrera-García vom Spanischen Institut für Geologie und Bergbau und sein Team systematisch Berichte über solche Erscheinungen ausgewertet haben. Aus den Daten entwickelten sie ein Prognosemodell, dem zufolge bis 2040 etwa 1,6 Milliarden Menschen in einem absinkenden Gebiet leben dürften.
Laut der im Fachmagazin »Science« veröffentlichten Studie fördern zwei Umstände die so genannte Subsidenz des Bodens: Zum einen kommt es auf die Beschaffenheit des Untergrunds an; bedrohte Gebiete fänden sich beispielsweise in großen Flussdeltas (Vietnam, Ägypten, Niederlande), aber auch in Sedimentbecken im Landesinneren etwa in Mexiko und Iran. Zum anderen tritt das Phänomen primär dort auf, wo die Bevölkerungsdichte groß und der Wasserbedarf hoch ist. Dann werde besonders viel Wasser aus den unterirdischen Speichern entnommen, wodurch es im Untergrund fehle und der darüber befindliche Erdboden absacke.
Dadurch verschließen sich die Wasser führenden Schichten dauerhaft für die Wiederbefüllung durch Niederschläge. Die Folgen sind einerseits eine verschärfte Wasserknappheit und andererseits eine wachsende Gefahr durch Überschwemmungen und Flutkatastrophen. Rund 635 Millionen Menschen leben laut den Kalkulationen in Gebieten, die sowohl von Absenkung als auch von Überflutungen bedroht sind. Das Absinken beschädigt zudem Gebäude und technische Infrastruktur. Die wirtschaftlichen Folgen werden laut der Modellrechnung von Herrera-García und seinem Team in Regionen spürbar sein, die heute rund 21 Prozent des weltweiten Bruttosozialprodukts erwirtschaften. Dürren, wie sie infolge des Klimawandels künftig vielerorts verstärkt auftreten dürften, verschärfen das Problem weiter.
Spitzenreiter sind laut der Auswertung heute der Iran und Mexiko. Manche Städte Irans würden mit rund 25 Zentimetern pro Jahr im Untergrund versinken, in Mexiko seien es gar 30 Zentimeter pro Jahr. Das kalifornische Central Valley ist im vergangenen Jahrhundert um etwa neun Meter in die Tiefe gesackt, der Grund dafür ist laut Herrera-García und Co auch hier die übermäßige Entnahme von Grundwasser.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Teams schlagen vor, künftig verstärkt Gegenmaßnahmen zu ergreifen und eine nachhaltige Wasserwirtschaft umzusetzen. Durch ein verbessertes Grundwassermanagement sei es im 20. Jahrhundert beispielsweise der Stadt Tokio gelungen, eine scheinbar unaufhaltsame Talfahrt zu stoppen: Wie andere japanische Städte war die Metropole zuvor um rund vier Meter in die Tiefe gesackt.
Update 05.01.21: In einer früheren Version dieses Artikels war die Zahl der durch Bodenabsenkung betroffenen Menschen falsch angegeben.
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