News: Gefühl fürs Selbst
Konkurrenzdenken und Ellbogenverhalten sind wenig förderlich, wenn die Wettstreiter zum selben Organismus gehören. Also entwickelte Mutter Natur verschiedene Erkennungsmechanismen. Wie tief wurzeln sie in Pflanzen?
Für das menschliche Auge ist das dichte Wurzelgeflecht unter einer Wiese ein einziges Durcheinander. Welche weiße Spitze da zu welcher Pflanze gehört, lässt sich höchstens durch vorsichtiges Ausgraben klären – und selbst dann werden zahlreiche der winzigen Wasser- und Nährstoffimporteure heimatlos zurückbleiben, weil ihr Kontakt zur oberirdischen Mutter abgerissen wurde.
Doch wie behalten die Wurzeln selbst den Überblick, ob ihr Nachbar nun zur Konkurrenz gehört oder das eigen Spross und Blatt versorgen will? Denn im letzteren Fall sollte das Wurzelwachstum fein abgestimmt sein, damit nicht unnötige Kräfte für neues Gewebe vergeudet werden.
Dass Pflanzen zwischen selbst und fremd unterscheiden können, ist längst bekannt: Verschiedene Mechanismen verhindern beispielsweise Selbstbestäubung, und bei Experimenten mit Erbsen- oder Sojapflanzen zeigte sich, dass auch das Wurzelwachstum in Gesellschaft von fremden oder zur selben Pflanze gehörenden Nachbarspitzen unterschiedlich verlief. Die Frage ist nur: Erkennen die Pflanzen das Fremde, oder spüren sie das Vertraute?
Also machten sich Michal Gruntman und Ariel Novoplansky von der Ben-Gurion University ans Stecklinge schneiden und eintopfen. Sie wählten Büffelgras (Buchloe dactyloides), da es schön symmetrische, sich gegenüber stehende Seitentriebe ausbildet. Längs entlang des Stängels geschnitten, erhielten die Forscher so weitgehend identische Abkömmlinge ein und derselben Pflanze und konnten die Wurzelentwicklung verfolgen.
Dabei zeigte sich, dass die Wurzeln der Büffelgras-Pflänzchen tatsächlich auch ein Gespür für fremd oder selbst hatten: Wuchsen kurz vor Beginn des Experimentes zerschnittene Zwillinge nebeneinander heran, bildeten sie etwa ebenso viel Wurzelmasse wie nicht getrennte Exemplare. Lagen zwischen dem Schnitt und dem gemeinsamen Eintopfen allerdings mehrere Tage, begannen die Wurzeln regelrecht zu wuchern – das Wachstum verstärkte sich um 39 bis 142 Prozent.
Ähnliche Werte verzeichneten die Forscher auch, wenn sie die Gräser mit einem ganz anderen Exemplar, zu dem also vorher keine engeren Bande bestanden, in denselben Topf setzten. Daraus schließen sie, dass die Wurzeln tatsächlich das ehemalige Selbst erkennen und nicht auf das Fremde reagieren.
Welcher Mechanismus allerdings dahinter steckt, ist noch unklar. Gruntman und Novoplansky vermuten, dass es sich um schwankende Konzentrationen von Pflanzenhormonen wie Auxin oder Cytokinen handeln könnte, deren zeitliches Muster des Auftretens höchst individuell ist. Ebenfalls möglich wären elektrische Signale, welche die Wurzeln über den Boden verbreiten. In beiden Fällen könnte das System bei gerade frisch zerschnittenen Pflanzenteilen noch funktionieren, während es mit zunehmender Trennungszeit immer mehr aus dem Takt gerät – und so eine wachsende Fremdheit ausdrückt. Und bei vermehrter Distanz ist dann eben Konkurrenzdenken und Ellbogenverhalten in der Wurzelbildung gefragt.
Doch wie behalten die Wurzeln selbst den Überblick, ob ihr Nachbar nun zur Konkurrenz gehört oder das eigen Spross und Blatt versorgen will? Denn im letzteren Fall sollte das Wurzelwachstum fein abgestimmt sein, damit nicht unnötige Kräfte für neues Gewebe vergeudet werden.
Dass Pflanzen zwischen selbst und fremd unterscheiden können, ist längst bekannt: Verschiedene Mechanismen verhindern beispielsweise Selbstbestäubung, und bei Experimenten mit Erbsen- oder Sojapflanzen zeigte sich, dass auch das Wurzelwachstum in Gesellschaft von fremden oder zur selben Pflanze gehörenden Nachbarspitzen unterschiedlich verlief. Die Frage ist nur: Erkennen die Pflanzen das Fremde, oder spüren sie das Vertraute?
Also machten sich Michal Gruntman und Ariel Novoplansky von der Ben-Gurion University ans Stecklinge schneiden und eintopfen. Sie wählten Büffelgras (Buchloe dactyloides), da es schön symmetrische, sich gegenüber stehende Seitentriebe ausbildet. Längs entlang des Stängels geschnitten, erhielten die Forscher so weitgehend identische Abkömmlinge ein und derselben Pflanze und konnten die Wurzelentwicklung verfolgen.
Dabei zeigte sich, dass die Wurzeln der Büffelgras-Pflänzchen tatsächlich auch ein Gespür für fremd oder selbst hatten: Wuchsen kurz vor Beginn des Experimentes zerschnittene Zwillinge nebeneinander heran, bildeten sie etwa ebenso viel Wurzelmasse wie nicht getrennte Exemplare. Lagen zwischen dem Schnitt und dem gemeinsamen Eintopfen allerdings mehrere Tage, begannen die Wurzeln regelrecht zu wuchern – das Wachstum verstärkte sich um 39 bis 142 Prozent.
Ähnliche Werte verzeichneten die Forscher auch, wenn sie die Gräser mit einem ganz anderen Exemplar, zu dem also vorher keine engeren Bande bestanden, in denselben Topf setzten. Daraus schließen sie, dass die Wurzeln tatsächlich das ehemalige Selbst erkennen und nicht auf das Fremde reagieren.
Welcher Mechanismus allerdings dahinter steckt, ist noch unklar. Gruntman und Novoplansky vermuten, dass es sich um schwankende Konzentrationen von Pflanzenhormonen wie Auxin oder Cytokinen handeln könnte, deren zeitliches Muster des Auftretens höchst individuell ist. Ebenfalls möglich wären elektrische Signale, welche die Wurzeln über den Boden verbreiten. In beiden Fällen könnte das System bei gerade frisch zerschnittenen Pflanzenteilen noch funktionieren, während es mit zunehmender Trennungszeit immer mehr aus dem Takt gerät – und so eine wachsende Fremdheit ausdrückt. Und bei vermehrter Distanz ist dann eben Konkurrenzdenken und Ellbogenverhalten in der Wurzelbildung gefragt.
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