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News: Gegen chronische Depression

Täglich eine Dosis Sertralin - So könnte nach Ansicht amerikanischer Wissenschaftler die Empfehlung eines Nervenarztes zur Behandlung von Depressionen lauten. Eine neue Studie zeigt, daß das Medikament, das unter dem Markennamen Zoloft verschrieben wird, Depressionen auch bei Menschen, die chronisch daran leiden, nahezu ohne Nebenwirkungen lindert.
Nach Aussage von Wissenschaftlern der Brown University belegen die Ergebnisse der Studie zum ersten Mal, daß eine wirksame Medikamentenbehandlung für Patienten, die an den schwersten und lähmendsten Formen der chronischen Depression leiden, möglich ist. Diese Menschen, so berichtet die Studie, werden durch Sertralin gegen einen Rückfall geschützt und die Remissionsphase wird dadurch stark verlängert. Bisher war das Medikament nicht für den Einsatz bei der Behandlung chronischer Depression vorgesehen. Frühere Forschungen haben nur gezeigt, daß SertralinRückfälle bei Patienten, die an nicht-chronischen Episoden schwerer Depression litten, wirksam verhindern kann. Das unter dem Namen Zoloft® vertriebene Medikament gehört zur Klasse der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer. Es blockiert die erneute Aufnahme der Chemikalie Serotonin in die Synapsen zwischen den Neuronen im Nervensystem. Dadurch werden die Symptome und Syndrome der Depression gelindert und ihr erneutes Auftreten wird verhindert.

Ungefähr drei Prozent der Bevölkerung leiden an chronischen Formen der Depression, die durch lähmende psychologische und soziale Probleme gekennzeichnet ist. Diese Personen werden oft falsch als Menschen mit Charakter- oder Persönlichkeitsstörungen diagnostiziert. Von den Patienten, die in der Untersuchung der Brown University erfaßt wurden, litten viele seit mehr als zwanzig Jahren an chronischer Depression – einer schweren Form, die mindestens zwei Jahre lang anhält. Andere Patienten litten an doppelter Depression – einer akuten Form der schweren Depression – kombiniert mit Dysthymia, einer chronischen, schwächeren Depression, die ebenfalls mindestens zwei Jahre lang anhält.

An der Forschungsarbeit der Wissenschaftler der Brown University School of Medicine unter Leitung von Martin B. Keller waren 161 Patienten beteiligt, die in ambulanten psychiatrischen Kliniken an zehn akademisch-medizinischen und zwei klinischen Forschungszentren behandelt wurden. Bevor sie an der Studie teilnahmen hatten die Patienten in einem 12-wöchigen Versuch positiv auf Sertralin angesprochen und auf eine viermonatige intensive Behandlung weiterhin positiv reagiert. Im Verlauf der Studie setzten 77 Patienten die Einnahme von Sertralin für 76 weitere Wochen fort, während 84 Patienten täglich ein Placebo verabreicht wurde.

Die Ergebnisse fielen sehr positiv für das Medikament aus: Die Wahrscheinlichkeit, daß Patienten, die Sertralin erhielten, erneut an Depression erkranken, ist 4,1 Mal geringer als bei Patienten, die ein Placebo einnahmen. Die Forscher bezeichneten Sertralin "als sehr gut verträglich" über einen Zeitraum von mehreren Monaten bei einer durchschnittlichen täglichen Dosis von etwa 146 mg. Tatsächlich wurde nur eine statistisch signifikante Nebenwirkung entdeckt. Dreizehn Sertralin-Patienten beklagten sich über eine sexuelle Disfunktion im Vergleich zu zwei Personen aus der Gruppe, die nur Placebos erhalten hatte.

Die Resultate der Studie ergänzen die Ergebnisse von Keller, die in drei Artikeln der Novemberausgabe des Journal of Clinical Psychiatry veröffentlicht sind. Sie beschreiben die ersten zwölf Wochen der Behandlung chronischer Depressionen und berichten von raschen Verbesserungen im psychologischen und sozialen Verhalten der 635 an Depression leidenden Patienten, die entweder mit Sertralin oder dem Medikament Imipramin behandelt wurden. Nach Aussage von Keller wiesen die Patienten bedeutende Fortschritte auf, von einer höheren Arbeitsproduktivität bis zu einer Verbesserung der sozialen Beziehungen.

Keller weist darauf hin, daß keinesfalls die Forderung aufgestellt werden soll, daß Depressionen nur mit Medikamenten behandelt werden. Die wirksamsten Behandlungen könnten seiner Meinung nach eine Kombination von medikamentöser Behandlung und Psychotherapie sein.

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