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News: Gegen den Strom

Elegant schlängelt sich die Forelle durch den Bach. Dabei versteht sie es geschickt, die turbulente Strömung für ihre Zwecke zu nutzen.
Gegen den Strom
So ein Bergbach ist schon ein unruhiges Gewässer. Über Stock und Stein rauscht das Wasser zu Tal, zahlreiche Wirbeln stören den gleichmäßigen Fluss. Fische, die in diesem chaotischen Element bergan wollen, müssen also nicht nur gegen die Strömung kämpfen, sondern auch noch mit den ständig wechselnden Turbulenzen fertig werden.

Doch vielleicht stellen diese Wirbel gar kein so großes Hindernis für die Wasserbewohner dar – im Gegenteil, wie jetzt James Liao herausgefunden hat.

Der Biologe von der Harvard University wollte genau wissen, was ein Fisch im Wasser macht, der gegen den Strom schwimmt. Zusammen mit seinen Kollegen setzte Liao deshalb Forellen in einen Strömungskanal und zeichnete mit Hochgeschwindigkeitskameras den Schwimmstil seiner Versuchstiere auf. Zuvor hatten die Forscher in den Kanal einen D-förmigen Zylinder platziert, der in der Strömung Turbulenzen auslöste.

Die hierbei entstehenden Strömungsmuster mit den typischen versetzten Wirbeln, die sich jeweils entgegengesetzt drehen, kennen Strömungsmechaniker als Kármánsche Wirbelstraße. Wie sich nun zeigte, hielten sich die Fische bevorzugt im Kielwasser dieser Wirbelstraße auf.

Dabei schwammen sie nicht einfach nur im Strömungsschatten – was ihnen bereits eine Energieersparnis eingebracht hätte –, sondern sie wussten die alternierenden Wirbel für ihre Zwecke zu nutzen: Indem sie sich geschickt durch die Wirbelstraße schlängelten, konnten sie die unterschiedlichen Druckverhältnisse der einzelnen Wirbel wie bei einer Tragfläche in Vortrieb umwandeln. In Anlehnung an den ungarischen Aerodynamiker Theodore von Kármán nennen die Forscher dieses slalomartige Bewegungsmuster der Fische "Kármán-Gang".

Indem die Forscher die Muskelaktivitäten ihrer Forellen per Elektroden maßen, konnten sie den Ressourcen schonenden Effekt des Kármán-Ganges nachweisen: Innerhalb der Wirbelstraße aktivierten die Tiere deutlich weniger Muskeln, als wenn sie gegen eine laminare Strömung anschwimmen mussten.

Auf diesen flatterhaften, Energie schonenden Kármán-Gang greifen Fische vermutlich auch in freier Wildbahn zurück. In der Regel schwimmen sie ja nicht allein, sondern schließen sich zu großen Schulen zusammen. Und innerhalb dieser Schwärme entstehen wiederum Wirbel, welche die einzelnen Tiere zu nutzen verstehen.

Was für das Wasser gilt, lässt sich auch in der Luft anwenden, betont Ulrike Müller von der niederländischen Universität Wageningen. Die in großen Schwärmen ziehenden Vögel erweisen sich vermutlich ebenfalls als geschickte Aerodynamiker.

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