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Glaziologie: Geheimnis "singender" Eisberge aufgeklärt

Im Eisberginneren: Spalten, Tunnel und Brandungshöhlen
Von Juli bis November 2000 zeichneten Forscher in der antarktischen Georg-von-Neumayer-Station immer wieder eine Reihe lang anhaltender seismischer Erschütterungen auf, die in ihrer Zeitdauer, Stärke und Spektraleigenschaften jenen von Vulkanausbrüchen glichen. Eine der längsten Messungen erstreckte sich über 16 Stunden und war von hörbaren Geräuschen begleitet.

Aus dem All fotografiert: Spalten im Eisberg B-09 | Auf der Oberfläche und vor allem an den Rändern des Eisbergs B-09 (hier eine RADARSAT-Aufnahme aus dem Jahr 1997) sind ausgedehnte Spaltensysteme zu erkennen. Diese sind vermutlich die Quellen der Tremore.
Jetzt haben Wissenschaftler um Christian Müller vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven herausgefunden, dass die Klänge – die mitunter dumpfen Schlägen, Wimmern oder Schreien glichen – von kollidierenden Eisbergen stammten. Im konkreten Fall belauschten die unterirdischen Seismo- und Sonographen der Forscher den Aufprall des sehr großen Eisbergs B-09A auf einen unterseeischen Felsvorsprung auf flachem Meeresboden. Dabei löste er den Messungen zufolge sogar ein kleines Erdbeben der Stärke 3,6 aus.

In den folgenden Wochen schrammte der Eisberg, durch Meeresströmungen angetrieben, an der Küste entlang, was jeweils weitere Aufzeichnungen erbrachte. Zudem löste B-09A weitere Eisberg-Abbrüche aus. Zur Verblüffung der Wissenschaftler glichen die gewonnenen Daten jenen von Vulkanen, die kurz vor einer Eruption stehen.

Seismometer messen die Eisschwingungen | Die 16 in bestimmter Geometrie angeordneten Seismometer der autonomen Mess-Station VNA2 "Watzmann" dienen wie eine Antenne als Empfangsanlagen für seismische Wellen. Hiermit konnten die Schwingungen erfasst und lokalisiert werden.
Ihre Erkenntnisse wollen die Forscher nun nutzen, um Ausbrüche von Vulkanen besser vorherzusagen. Bislang ist unbekannt, wie die Geräusche, die ein Vulkan kurz vor der Eruption von sich gibt, entstehen. Müller und seine Kollegen vermuten, dass die seismischen Erscheinungen der Eisberge die Folge elastischer Vibrationen sind: Schmelz- und Meerwasser wird dabei mit hohem Druck durch Spalten und Risse gepresst und versetzt die Wände in Schwingungen. Ähnliches könnten daher auch aufsteigende Magma und Kristallwasser in Vulkanen auslösen.
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