Direkt zum Inhalt

News: Gehirn an Computer

Nach Meinung amerikanischer Wissenschaftler könnten es Gehirnimplantate schwerbehinderten Menschen vielleicht ermöglichen, mit 'der Kraft ihrer Gedanken' über einen Computer zu kommunizieren. Die Entwickler hoffen, daß einmal vollkommen gelähmte Personen auf diese Art künstliche Glieder steuern können.

Bis jetzt wurden zwei Behinderten die Implantate eingesetzt. Mit ihrer Hilfe konnten sie den Cursor auf einem Computerbildschirm steuern, indem sie daran dachten, verschiedene Körperteile zu bewegen. Wenn sie ihn so auf verschiedene Bildschirmanzeigen richteten, äußerte der Computer Phrasen wie "Ich bin hungrig" oder Bitte schalte das Licht aus".

Die Implantate bestehen aus zwei hohlen Glaskegeln, nicht größer als die Spitze eines Kugelschreibers, die in den motorischen Cortex des Gehirns gepflanzt werden, der die Körperbewegungen kontrolliert. Die Kegel sind mit neurotrophischen Chemikalien überzogen, die aus den Knien des Patienten stammen. Diese Stoffe fördern das Nervenwachstum, so daß innerhalb einiger Monate Neuronen aus dem Cortex Ausläufer in die Kegel schicken. Dort binden sie dann an winzige Elektroden, die im Innern der Implantate befestigt sind.

Der Entwickler Roy Bakay von der Emory University und seine Kollegen benutzten einen Kernspinresonanz-Tomographen, um die aktivsten Regionen im motorischen Cortex ihres jeweiligen Patienten herauszufinden und entscheiden zu können, an welcher Stelle die Implantate eingesetzt werden sollten. Als dann Nerven in die Kegel hineingewachsen waren, sollten die Versuchspersonen daran denken, verschiedene Körperteile zu bewegen. Die Antworten der Elektroden wurden überwacht und in Computersignale für den Cursor umgewandelt. Im Moment sind diese Befehle recht einfach: hinauf und hinab für einen Kegel, rechts und links für den anderen.

Je nachdem, welche Nerven sich an die Elektroden anschließen, muß vermutlich jeder Patient an andere Körperbewegungen denken, um dem Cursor eine bestimmte Richtung vorzugeben. Die Probanden werden an den Aufbau gewöhnt, indem sie einem Summer zuhören, der schneller und lauter wird, wenn sie "in den richtigen Verbindungen" denken. Den Cursor zu kontrollieren, geht ihnen bald in Fleisch und Blut über, erklärt Bakay.

Die Implantate beziehen ihre Energie von einer Spule, die sich in einer Hülle außerhalb des Schädels befindet. Ein Transmitter, der direkt unterhalb des Schädels plaziert ist, übermittelt seine Signale an einen Verstärker in der Hülle, von wo aus sie an den Computer weitergeleitet werden.

Es hat acht Jahre gedauert, bis die Wissenschaftler so weit gekommen sind. Nach eingehender Forschung an Affen gab ihnen die U.S. Food and Drug Administration die Erlaubnis, die Prozedur an bis zu drei Menschen zu untersuchen. Die erste Freiwillige war eine Frau mit Amyotrophischer Lateralsklerose, einer neurodegenerativen Erkrankung, die ihren Opfern langsam die Bewegungsfähigkeit raubt. Sie erhielt die Implantate vor 18 Monaten, ist allerdings in der Zwischenzeit aufgrund ihrer Krankheit verstorben. Vor sechs Monaten pflanzten die Forscher einem zweiten Patienten die Kegel ein – einem 57jährigen, der wegen eines Schlaganfalls fast völlig gelähmt war, erläuterte Bakay dem Congress of Neurological Surgeons in der ersten Oktoberwoche 1998.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.