News: Geht HIV vom Darm aus?
Gewöhnlich durchstreifen CD4-T-Zellen in ruhendem Zustand als Wachposten die Lymphe und das Blut des Körpers, bis sie auf ein fremdes Antigen treffen, das sie veranlaßt, den Eindringling zu attackieren. Ironischerweise sind diese "aktivierten" Zellen besonders empfindlich für HIV. Das Virus überlistet die Zellen, impft ihnen sein genetisches Material und die zugehörigen Proteine ein, so daß es sich auf Kosten der menschlichen Zelle fortpflanzen und diese schließlich töten kann. Weil im Darm viele Lymphocyten, zu denen auch die CD4-T-Zellen gehören, anzutreffen sind, wurde bereits in älteren Arbeiten dort nach frühen Anzeichen für eine HIV-Infektion gesucht. Aber Gewebeproben aus dem Darm waren schwierig zu bekommen und es war nicht immer offensichtlich, wie lange die Person bereits infiziert war.
Um die Versuchsbedingungen besser kontrollieren zu können, arbeiteten die Forscher mit dem simian immune deficiency virus SIV – dem HIV-Analog bei Affen. Sie impften eine Gruppe Makaken mit dem Virus und töteten in wöchentlichen Abständen jeweils zwei Affen, um die Konzentrationen der CD4-T-Zellen in ihren Därmen zu bestimmen. Die Wissenschaftler stellten fest, daß der CD4-T-Gehalt im Blut der Affen fast zwei Monate lang nicht fiel, die Population der CD4-T-Zellen in den Eingeweiden dagegen während der ersten Woche fast halbiert wurde. Nach drei Wochen war lediglich ein geringer Prozentsatz der Zellen übrig. "Es war eine ziemliche Überraschung", sagt Andrew Lackner. "Wir haben lange Zeit gebraucht, um uns selbst davon zu überzeugen, daß keine andere Erklärung möglich ist."
Nach Einschätzung anderer Forscher macht es durchaus Sinn, daß die Infektion vom Darm aus startet. Wegen der vielen Fremdstoffe dort wird eine große Anzahl von T-Zellen im Darm aktiviert.
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