News: Geisterhafte Gestaltwandler
Neutrinos sind schon seltsame Teilchen. Sie können durch die Erde einfach hindurchfliegen, ohne dass sie das im geringsten stört. Und manchmal scheinen sie sogar zu verschwinden.
Während Sie diese Zeilen lesen, durchdringen Milliarden von Neutrinos Ihren Körper – einfach so. Schäden haben Sie allerdings nicht zu befürchten. Denn dazu müssten die geisterhaften Teilchen mit der Materie in Ihrem Körper reagieren. Und das kommt nur äußerst selten vor. Diese Wechselwirkungen sind in der Tat so rar, dass riesige unterirdische Anlagen notwendig sind, um die Teilchen überhaupt zu "sehen".
So wie beim Kamioka Liquid scintillator Anti-Neutrino Detector - kurz KamLAND in Japan -, der sich in einem Berg verbirgt. Abgeschirmt von anderen störenden Elementarteilchen lauern dort Koji Eguchi und seine Kollegen von der japanischen Tohoku University sowie Wissenschaftler aus aller Welt einer ganz speziellen Sorte von Neutrinos auf. Diese Teilchen kommen nämlich in drei Formen vor: als Elektron-, Myon- und Tau-Neutrino, wobei zu jedem auch noch ein Antiteilchen gehört. Und es sind die Elektron-Antineutrinos, auf die es Eguchi und seine Kollegen abgesehen haben.
Das Besondere an ihnen ist: Sie sind zum einen Antiteilchen, und zum anderen werden sie reichlich auf der Erde erzeugt – bei der Kernspaltung in Atomreaktoren. Durchfliegt ein solches Antiteilchen KamLAND, reagiert es mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit mit einem Proton im Detektor, wobei aus dem Proton ein Neutron und aus dem Elektron-Antineutrino ein Anti-Elektron wird. Diese beiden Reaktionsprodukte lassen sich im Gegensatz zu den Neutrinos relativ leicht nachweisen.
Auf diese Weise zählten die Forscher nach 150 Beobachtungstagen 54 Elektron-Antineutrinos aus Kernkraftwerken in etwa 180 Kilometern Entfernung. Es hätten aber nach dem Standardmodell der Teilchenphysik 86 sein müssen. Und das ist eine gute Nachricht für Teilchenphysiker. Denn damit wird das scheinbare Verschwinden von Neutrinos bestätigt, die bei der Kernfusion in unserer Sonne entstehen. Auch hier wurden bei früheren Experimenten sehr viel weniger Elektron-Neutrinos nachgewiesen, als sich eigentlich in den Detektoren verfangen sollten.
Entweder werden also weniger Neutrinos in der Sonne erzeugt als angenommen, oder etwas passiert mit den Neutrinos auf dem Weg zur Erde, was nicht mit dem Standardmodell vereinbar ist. An dieser Stelle konnten Eguchi und seine Kollegen entscheidend zur Klärung beitragen. Denn da ihre Untersuchungsobjekte künstlich erzeugt wurden, können sie Unsicherheiten an der Quelle ausschließen. Und dennoch beobachteten die Forscher eine Diskrepanz zwischen Beobachtung und Vorhersage.
Es passiert also tatsächlich etwas mit den Elektron-Antineutrinos auf dem Weg vom Atomreaktor zum Detektor. Doch was? Sie wechseln wahrscheinlich ihre Gestalt. Dabei verwandeln sie sich in mit KamLAND bisher nicht nachweisbare Myon- beziehungsweise Tau-Antineutrinos – und wieder zurück. Oder wie Bob Svoboda von der Lousiana State University es ausdrückt: "Es ist so, als wenn Sie beim Frühstück feststellen, dass Ihr Haustier eine Katze ist, kurz vor dem Mittagessen entdecken Sie, dass es sich inzwischen in einen Hund verwandelt hat. Und beim Abendessen ist es wieder eine Katze."
Neutrino-Oszillation nennen die Wissenschaftler dieses merkwürdige Verhalten. Und die Theorie erklärt tatsächlich sowohl das scheinbare Verschwinden der solaren Neutrinos als auch der aus den japanischen Atom-Reaktoren. Das Interessante dabei ist: Neutrinos können nur dann oszillieren, wenn zumindest die Myon- und Tau-Neutrinos eine Masse besitzen. Und da Neutrinos in großen Mengen im Weltall vorhanden sind, tragen sie wahrscheinlich wenigstens zum Teil zur dunklen Materie bei.
Eguchi und seine Kollegen haben also mit von Menschen erzeugten Neutrinos eine überzeugende Bestätigung für die Verwandlung dieser Teilchen und damit für eine Verletzung des Standardmodells gefunden. Aber gleichzeitig wiesen sie nach, dass Neutrinos und ihre Antiteilchen in ihrer Wandlungsfähigkeit identisch sind – in Übereinstimmung mit dem Modell. Zumindest in dieser Hinsicht halten sich die Neutrinos also an die bekannten Regeln.
So wie beim Kamioka Liquid scintillator Anti-Neutrino Detector - kurz KamLAND in Japan -, der sich in einem Berg verbirgt. Abgeschirmt von anderen störenden Elementarteilchen lauern dort Koji Eguchi und seine Kollegen von der japanischen Tohoku University sowie Wissenschaftler aus aller Welt einer ganz speziellen Sorte von Neutrinos auf. Diese Teilchen kommen nämlich in drei Formen vor: als Elektron-, Myon- und Tau-Neutrino, wobei zu jedem auch noch ein Antiteilchen gehört. Und es sind die Elektron-Antineutrinos, auf die es Eguchi und seine Kollegen abgesehen haben.
Das Besondere an ihnen ist: Sie sind zum einen Antiteilchen, und zum anderen werden sie reichlich auf der Erde erzeugt – bei der Kernspaltung in Atomreaktoren. Durchfliegt ein solches Antiteilchen KamLAND, reagiert es mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit mit einem Proton im Detektor, wobei aus dem Proton ein Neutron und aus dem Elektron-Antineutrino ein Anti-Elektron wird. Diese beiden Reaktionsprodukte lassen sich im Gegensatz zu den Neutrinos relativ leicht nachweisen.
Auf diese Weise zählten die Forscher nach 150 Beobachtungstagen 54 Elektron-Antineutrinos aus Kernkraftwerken in etwa 180 Kilometern Entfernung. Es hätten aber nach dem Standardmodell der Teilchenphysik 86 sein müssen. Und das ist eine gute Nachricht für Teilchenphysiker. Denn damit wird das scheinbare Verschwinden von Neutrinos bestätigt, die bei der Kernfusion in unserer Sonne entstehen. Auch hier wurden bei früheren Experimenten sehr viel weniger Elektron-Neutrinos nachgewiesen, als sich eigentlich in den Detektoren verfangen sollten.
Entweder werden also weniger Neutrinos in der Sonne erzeugt als angenommen, oder etwas passiert mit den Neutrinos auf dem Weg zur Erde, was nicht mit dem Standardmodell vereinbar ist. An dieser Stelle konnten Eguchi und seine Kollegen entscheidend zur Klärung beitragen. Denn da ihre Untersuchungsobjekte künstlich erzeugt wurden, können sie Unsicherheiten an der Quelle ausschließen. Und dennoch beobachteten die Forscher eine Diskrepanz zwischen Beobachtung und Vorhersage.
Es passiert also tatsächlich etwas mit den Elektron-Antineutrinos auf dem Weg vom Atomreaktor zum Detektor. Doch was? Sie wechseln wahrscheinlich ihre Gestalt. Dabei verwandeln sie sich in mit KamLAND bisher nicht nachweisbare Myon- beziehungsweise Tau-Antineutrinos – und wieder zurück. Oder wie Bob Svoboda von der Lousiana State University es ausdrückt: "Es ist so, als wenn Sie beim Frühstück feststellen, dass Ihr Haustier eine Katze ist, kurz vor dem Mittagessen entdecken Sie, dass es sich inzwischen in einen Hund verwandelt hat. Und beim Abendessen ist es wieder eine Katze."
Neutrino-Oszillation nennen die Wissenschaftler dieses merkwürdige Verhalten. Und die Theorie erklärt tatsächlich sowohl das scheinbare Verschwinden der solaren Neutrinos als auch der aus den japanischen Atom-Reaktoren. Das Interessante dabei ist: Neutrinos können nur dann oszillieren, wenn zumindest die Myon- und Tau-Neutrinos eine Masse besitzen. Und da Neutrinos in großen Mengen im Weltall vorhanden sind, tragen sie wahrscheinlich wenigstens zum Teil zur dunklen Materie bei.
Eguchi und seine Kollegen haben also mit von Menschen erzeugten Neutrinos eine überzeugende Bestätigung für die Verwandlung dieser Teilchen und damit für eine Verletzung des Standardmodells gefunden. Aber gleichzeitig wiesen sie nach, dass Neutrinos und ihre Antiteilchen in ihrer Wandlungsfähigkeit identisch sind – in Übereinstimmung mit dem Modell. Zumindest in dieser Hinsicht halten sich die Neutrinos also an die bekannten Regeln.
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