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News: Geistige Behinderung im Lichte östlicher Religionen

In Korea findet heute ein Wandel im Umgang mit behinderten Menschen statt, der durch den Einfluß europäischer und nordamerikanischer Denkmodelle ausgelöst wurde. In den vom Buddhismus, Konfuzianismus und Taoismus geprägten Weltanschauungen, die in Korea bis zur Mitte dieses Jahrhunderts vorherrschten, galten Behinderte zwar als Menschen, deren Andersartigkeit zu akzeptieren war - gleichzeitig wurde der Versuch, sie zu erziehen oder zu unterrichten, aber als absurd gewertet.
Heute wird immer noch versucht, dem Bildungsanspruch dieses Personenkreises durch Sonderschulen sowie durch ein Sonderklassensystem an Regelschulen gerecht zu werden. Zu diesem Ergebnis kommt Suk-Jeong Rhie in einer am Seminar für Geistigbehindertenpädagogik der Universität zu Köln angefertigten Untersuchung, für die sie mit dem Preis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes 1998 ausgezeichnet wurde.

Was die soziale Akzeptanz von Behinderten, vor allem von Menschen mit geistiger Behinderung angeht, so besteht in der koreanischen Gesellschaft eine traditionelle Mischung aus Duldung und Verachtung. Mit der Modernisierung und Industrialisierung des Landes begann auch der Siegeszug eines Welt- und Menschenbildes, das die traditionelle Achtung vor jeder Form des Lebens in den Hintergrund verdrängte. Menschen mit Behinderung wird eine gesellschaftliche Randstellung zugewiesen. Bei der Geburt eines behinderten Kindes fühlen sich Eltern schuldig. Aufklärung und therapeutische Hilfe wird ihnen meist nicht zuteil, was Scham und Schuldgefühle sowie die Belastungssituation der Familien erhöht. Dies führt dazu, daß in Korea – wo die Abtreibung weitgehend legitimiert ist – die Abtreibungsrate steigt. Sie übersteigt sogar die Zahl der Geburten.

Als Gegenbewegung formiert sich eine erste Behindertenhilfe, die meist christlich motiviert ist, auf Lehrerinitiativen zurückgeht und betroffene Eltern unterstützt, auf die Belange und vor allem auf die Erziehungsbedürfnisse ihrer Kinder aufmerksam zu machen. Die Durchsetzung dieser Ziele bleibt aber schwierig, da hierzu ein grundlegender Bewußtseins- und Einstellungswandel im Hinblick auf ein positives Menschenbild notwendig ist; ein Bild, das auch in der allgemeinen Pädagogik des Landes, wie Suk-Jeong Rhie kritisch anmerkt, nicht zu finden ist.

Der Einführung einer Geistigbehindertenpädagogik in Korea ging die Einführung von Schulen für Körperbehinderte, wie Sehbehinderte und Gehörlose, voraus. Da in Korea ebensowenig eine Tradition für die Ausbildung von Körperbehinderten sowie für Geistigbehinderte bestand, waren auch diese Schulen Übertragungen westlicher Modelle. Sie wurden meist vor dem Hintergrund der christlichen Mission in der Zeit um die Jahrhundertwende begründet.

In Übernahme westlicher, vor allem amerikanischer und japanischer Leitbilder kam es in der koreanischen Pädagogik wie in der Heilpädagogik bisher zu keiner eigenständigen Theoriebildung. Das pädagogische Denken orientiert sich einseitig an einer positivistischen Erziehungstheorie und es bleibt auf der Ebene der Forschung bei empirisch-analytischen Untersuchungen, die die Lebens-und Erziehungswirklichkeit von Menschen mit geistiger Behinderung nur unzureichend erfassen.

Daneben sieht die Wissenschaftlerin auch in der jetzt praktizierten Geistigbehindertenpädagogik ein menschenverachtendes Leistungsprinzip am Werk: Die Förderung Behinderter erfolgt nicht zum Wohl der Betroffenen, sondern im Hinblick auf Anpassungsfähigkeit und Verwertbarkeit des Einzelnen für die Gesellschaft.

Während in Deutschland schon seit dem vorigen Jahrhundert, besonders aber seit Ende des zweiten Weltkrieges eine intensive Diskussion um verschiedene pädagogische Modelle geführt wird, bestehen in Korea kaum theoretische Überlegungen zum Umgang mit Geistigbehinderten. Es werden hier – oftmals viel zu unkritisch, so Suk-Jeong Rhie – westliche Modelle nachgeahmt. In der deutschen Geistigbehindertenpädagogik sieht sie Anregungen für den geforderten anthropologischen Auseinandersetzungsprozeß der Geistigbehindertenpädagogik in ihrem Lande.

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