News: Geliebte Leiche
Um diese Frage zu klären, müssen die Männchen ihr Ejakulat der Wissenschaft spenden. Bei Vogelarten legen neugierige Forscher dafür etwas unsanft Hand an – eine "unangenehme Prozedur für beide, den Forscher und den Vogel", wie Henry Nicholls von der University of Sheffield meint. "Hinzu kommt, dass die erhaltenen Spermaproben in keiner Beziehung zur Spermienzahl stehen, welche die Männchen unter natürlichen Bedingungen abgeben würden", kritisiert der Evolutionsbiologe weiter.
Nicholls wählte stattdessen einen etwas makaber anmutenden Weg, um an das Ejakulat von Männchen der Uferschwalbe Riparia riparia zu gelangen. Er sammelte tote Uferschwalben ein, konservierte sie chemisch, versteifte ihre Beine mit Draht und klebte die fertig präparierten Leichen auf einen Zweig. Da sich bei den Uferschwalben die Geschlechter nicht äußerlich unterscheiden, konnte Nicholls nicht sicher sein, jeweils immer ein totes Weibchen erwischt zu haben. Doch die liebeshungrigen Männchen störte das wenig. Sobald sie eine Leiche erblickten, stürzten sie sich auf sie, um ihre Liebesgabe loszuwerden. Der Wissenschaftler brauchte nur noch den Köder wieder einzusammeln und konnte dann die Spermien auszählen.
Er entdeckte dabei, dass die Uferschwalbenmänner durchaus wählerisch mit ihrem Sperma umgehen: Sobald sich ein Konkurrent zeigte, enthielt das Ejakulat deutlich mehr Spermien als wenn sie mit dem Weibchen allein waren. Damit, so vermutet der Wissenschaftler, können sie je nach Situation die Wahrscheinlichkeit steuern, dass ihr Erbgut zum Zuge kommt. "Das ist so ähnlich wie bei einer Lotterie", erklärt Nicholls. "Wenn Sie als einziger spielen, kaufen Sie nur ein Los und gewinnen immer. Wenn Sie jedoch wissen, dass Sie gegen jemand anderen spielen, müssen Sie mehr Lose kaufen, um eine gute Gewinnchance zu behalten."
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