Sonnensystem: Gemächlicher Neptun scheuchte Doppelbrocken nach draußen
Erstaunlich viele der größeren Eis- und Steinbrocken und Zwergplaneten, die jenseits des Neptuns im Kuipergürtel ihre Kreise ziehen, sind nicht allein, sondern drehen mit einem Begleiter oder Minimond durchs All. Warum das so ist, verleitet Astronomen zu allerlei Hypothesen: Zerfallen die Brocken dort häufiger nach Kollisionen? Oder haben sie ihre Begleiter schon seit ihrer Geburt im frühen Sonnensystem? Besonders spannend wird diese Frage für eine neu untersuchte Population kleinerer, blau erscheinender Kuipergürtel-Doppelbrocken, die ein Team von Astronomen mit zwei Teleskopen gleichzeitig unter die Lupe genommen hat.
Diese einander umkreisenden Objekte dürfte es nach einer herkömmlichen Theorie der Kuipergürtel-Besiedlung eigentlich nicht geben. Denn: Ihre Bahndaten verraten, dass sie wohl viel näher an der Sonne entstanden sind und erst später nach draußen drifteten – wahrscheinlich unter dem Einfluss von Gasriesen wie Neptun, der selbst allmählich von seinem ursprünglichen Orbit in 20 Astronomischen Einheiten (AE) Abstand zur Sonne rund zehn AE weiter nach außen rutschte. Dabei hätte er ziemliche Schwerkraftschläge ausgeteilt und mit diesen nicht nur kleinere Objekte recht rabiat in den Kuipergürtel gekickt, sondern auch lose assoziierte Doppelexemplare gewaltsam getrennt. Und das geschah eben wohl nicht, wie die große Zahl der kleinen, nun aufgespürten blauen Kuiper-Binärbrocken beweist.
Das Team um Fraser zieht daraus wie aus verschiedenen Simulationen den Schluss, dass Neptuns Wanderung nach außen sanfter und gemächlicher vonstattengegangen sein muss als gedacht: So drängte er dann zwar Objekte nach außen ab, ließ sie aber weiter umeinanderkreisen. Die blauen Doppelbrocken stammen demnach am wahrscheinlichsten wirklich aus einer Region in rund 38 AE Abstand von der Sonne, die heute völlig leer gefegt ist – warum genau aber damals viele Brocken sich zu einem Binärsystem zusammenfanden, kann noch nicht eindeutig geklärt werden.
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