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Biologische Waffen: Gemeinsam schocken Zitteraale noch stärker

Schon als Einzelgänger sind Zitteraale gefährlich – und noch bedrohlicher, wenn sie vereint angreifen. Genau das tun sie bisweilen.
Zitteraal

Zitteraale schließen sich manchmal zu Gruppen zusammen, um gemeinsam zu jagen. Das haben Forscher kürzlich in Amazonien beobachtet. Bisher war nur bekannt, dass die Tiere einzelgängerisch auf Beutefang gehen. In bestimmten Situationen ist es aber offenbar vorteilhaft für sie, ihre Opfer mit einer Rudeltechnik zur Strecke zu bringen. Das berichtet ein Team um Carlos David de Santana vom Nationalmuseum für Naturgeschichte in Washington, D.C., in der Fachzeitschrift »Ecology and Evolution«.

Obwohl sie so heißen, sind Zitteraale keine Aale. Vielmehr gehören sie zu den Neuwelt-Messerfischen. Sie leben in Südamerika und besiedeln Flüsse, Seen und Tümpel. Bisher sind drei Arten bekannt, die größten Exemplare werden rund zweieinhalb Meter lang. Das markanteste Merkmal dieser Fische ist ihr elektrisches Organ, mit dem sie Spannungen und Felder erzeugen. Schwache Felder dienen ihnen dazu, sich in der Umgebung zu orientieren und miteinander zu kommunizieren. Sie können aber auch starke Spannungsstöße abgeben, die bis zu 860 Volt erreichen. Damit betäuben und lähmen sie Beutetiere, um sie anschließend zu packen.

Zusammentreiben und angreifen

Die Biologen um de Santana waren im Amazonasbecken und haben dort Zitteraale beobachtet, die zur Spezies Electrophorus voltai gehören. Zum Erstaunen der Forscher hatten sich mehr als 100 Exemplare in einem kleinen See nahe dem Iriri-Fluss angesiedelt. Die Tiere zeigten dort ein äußerst ungewöhnliches Verhalten: Immer in der Morgen- und Abenddämmerung rotteten sie sich zusammen und schwammen gemeinsam in flaches Wasser, wo tausende kleine Fische leben. Die Zitteraale begannen dort kollektiv zu kreisen, die Fische zusammenzutreiben und in ein Gebiet von etwa zwölf Meter Durchmesser zu drängen. Je zwei bis zehn Tiere attackierten die zusammengedrängten Opfer dann mit starken Elektroschocks. Die Beutefische wurden in die Luft katapultiert und platschten betäubt zurück ins Wasser, wo die Zitteraale sie nur noch aufzusammeln brauchten.

© Ryan Lavery (Smithsonian)
Koordinierter Angriff von Zitteraalen

»In Gruppen zu jagen, ist bei Säugetieren ziemlich verbreitet, doch bei Fischen beobachtet man es selten«, kommentiert de Santana. »Es gibt nur neun weitere Fischarten, von denen ein solches Verhalten bekannt ist, was unsere Beobachtungen zu etwas Besonderem macht.«

Normalerweise gehen Zitteraale nachts allein auf Fang. Ihre Beute spüren sie auf, indem sie zwei kurze Hochspannungspulse abfeuern, die das Opfer zucken lassen – womit es seine Position verrät. Der Zitteraal attackiert dann auf kurze Distanz mit einer Salve aus starken Spannungspulsen und schnappt sich anschließend das gelähmte Opfer. Diese Technik funktioniert allerdings nicht, wenn die Beutefische den Räuber kommen sehen, auf Abstand gehen und ihn verwirren, indem sie wirbelnde Schwärme bilden. In solchen Situationen haben einzelne Jäger keinen Erfolg, weshalb es für sie dann vorteilhaft ist, kollektiv zu agieren.

Zitteraale in der Gruppe | Um gemeinsam Beute zu machen, schwimmen diese Zitteraale (Electrophorus voltai) Seite an Seite durch ein flaches Gewässer im Amazonasbecken.

Die Forscher weisen jedoch darauf hin, sie hätten nicht untersucht, inwieweit sich die Raubtiere während der gemeinsamen Jagd mit elektrischen Feldern verständigen. Auch hätten sie keine genetischen Analysen vorgenommen und könnten somit nicht sagen, ob Blutsverwandtschaft eine Rolle bei der Gruppenbildung spielt. Dies möchte das Team in künftigen Studien prüfen.

Schon bei früheren Experimenten hatte sich gezeigt, dass Zitteraale ihre elektrischen Organe äußerst effektiv einzusetzen wissen. Um die Feldstärke zu erhöhen, krümmen sie sich um die Beute, was ihr Hinterteil nah an den Kopf bringt – und somit die Pole des von ihnen erzeugten Felds dicht zusammen. Werden sie in die Enge getrieben und müssen sich verteidigen, attackieren sie sogar oberhalb der Wasserlinie. Sie schnellen empor und drücken ihren Kopf gegen das Opfer, während ihr Hinterteil noch eingetaucht ist. Feuern sie nun Spannungsimpulse ab, fließt der Strom nahezu ausschließlich durch den Körper des Opfers, was deutlich wirksamer ist, als würde der Fisch unter Wasser angreifen. Auch für Tiere, die viel größer sind als der Zitteraal selbst, kann das höchst unangenehm werden.

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