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Genetische Diversität: Gemeinsame Ahnen

Zehn Jahre arbeiteten Forscher aus Afrika, US-Amerika und Europa an der bislang größten genetischen Vergleichsstudie für Afrika. Die Ergebnisse bestätigen nicht nur Theorien zu den Ursprüngen der Menschheit, sie liefern auch verblüffende neue Erkenntnisse.
DNA-Studie in Afrika
Ob Swahili, Hausa oder die Sprache der San mit ihren ungewöhnlichen Klick-Lauten: Kein Kontinent ist in linguistischer Hinsicht so vielfältig wie Afrika. Über 2000 verschiedene Idiome existieren dort nebeneinander – ein Drittel aller Sprachen auf der Welt. Trotz dieser enorm spannenden Diversität sind afrikanische Bevölkerungsgruppen bei der Untersuchung genetischer Vielfalt bislang weit gehend außen vor geblieben. Ein internationales Großprojekt hat diese Wissenslücke nun geschlossen.

Sammlung von Genproben | Die Genetikerin Sarah Tishkoff und ihre Kollegen erklären Freiwilligen von den Stämmen der Datog und Hazda in einem Dorf im Norden Tansanias den Sinn der Genstudie.
Das Forscherteam unter der Leitung der Genetikerin Sarah Tishkoff von der University of Pennsylvania untersuchte in einem zehnjährigen Projekt mehr als 3000 Freiwillige aus Afrika, den USA und dem Nahen Osten. Mit zahlreichen Helfern bereisten sie den Kontinent, um genetische Proben von möglichst vielen unterschiedlichen Ethnien zu gewinnen. Am Ende kamen so Proben von 121 afrikanischen, vier afro-amerikanischen und 60 nicht-afrikanischen Bevölkerungsgruppen zusammen.

Das Genmaterial wurde auf 1327 unterschiedliche DNA-Marker getestet, die sich von Mensch zu Mensch stark unterscheiden. Anschließend verglichen die Forscher die Ergebnisse mit weiteren knapp 1000 weltweiten Proben aus der Datenbank des Human Genome Diversity Panel sowie der DNA von etwa 450 indischen und australischen Freiwilligen. So konnten die spezifischen Besonderheiten der afrikanischen ethnischen Gruppen genau herausgefiltert und miteinander verglichen werden.

Freiwillige Spenden | Die Forscher bei der Sammlung der Genproben: Die freiwilligen Spender machten zudem Angaben über ihre ethnische Zugehörigkeit, über ihre Sprache, ihre Eltern und Großeltern.
Die Analyse der Gen-Marker ergab, dass sich die zahlreichen afrikanischen Bevölkerungsgruppen auf genau 14 Urpopulationen zurück führen lassen, die sich auch mit kulturellen und sprachlichen Gemeinsamkeiten decken. Gleichwohl seien die genetischen Ursprünge innerhalb heutiger afrikanischer Ethnien sehr unterschiedlich gemischt, schreiben die Forscher.

Insgesamt sei hier die genetische Diversität wesentlich höher als auf anderen Kontinenten. Weltweit nehme zudem die genetische Vielfalt mit zunehmender räumlicher Distanz zu Afrika immer stärker ab. Daraus schließen Tishkoff und ihre Kollegen, dass die genetische Durchmischung auf die zahlreichen, teilweise überlappenden afrikanischen Wanderungsbewegungen in der frühen Menschheitsgeschichte zurückzuführen sei.

Auch die Wiege der Menschheit glauben die Forscher genauer lokalisieren zu können: Sie lag wohl im Süden des Kontinents zwischen Namibia und Südafrika. Die ersten Migrationsbewegungen wiederum gingen ihren Berechnungen nach von den Küstenregionen Namibias und Angolas aus. Damit reiht sich die Genanalysen in die große Zahl anderer Studien ein, welche die Out-of-Africa-Theorie stützen.

Blutproben im Labor | Mehr als 3000 Freiwillige gaben Blutproben ab für das bislang größte Projekt zur Untersuchung der genetischen Diversität in Afrika.
Doch Tishkoff und ihr Team konnten noch weitere neue Ergebnisse präsentieren: So entdeckten sie gemeinsame Ursprünge zwischen den Pygmäen und den weit entfernt lebenden, Khoisan sprechenden San. Die Forscher vermuten daher, dass einst auch die Pygmäen, bevor sie sich in linguistischer Hinsicht bei den Bantu-Idiomen ihrer Umgebung bedienten, eine der durch ihre Klick- und Schnalzlaute bekannten Sprachen verwendet haben könnten.

Nach Ansicht der Forscher dienen die neuen Erkenntnisse aber nicht nur dem besseren Verständnis des historischen Ursprungs der afrikanischen Bevölkerung und damit der gesamten Menschheit. Möglicherweise könnten die Genanalysen auch die medizinische Forschung voran bringen. Denn je nach genetischer Ausstattung reagieren Menschen unterschiedlich auf Medikamente, aber auch auf Krankheiten wie Malaria, Krebs und HIV. Da könnten die Resultate der aktuellen Studie zukünftigen Forschungsprojekten Hilfestellung leisten, hoffen die Wissenschaftler, und sie bei der Suche nach maßgeschneiderten Wirkstoffen unterstützen.
  • Quellen
Tishkoff, S. et al.: The Genetic Structure and History of Africans and African Americans. In: Science 10.1126/science.1172257, 2009.

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